a) Personifizierung des Schenkers
Rz. 94
Der Schenker ist, neben dem Erwerber, Steuerschuldner (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) und grundsätzlich ebenfalls anzeigepflichtig (§ 30 Abs. 2 ErbStG). Primär nach seiner Person bestimmen sich die Zuständigkeit des Schenkungsteuerfinanzamts (§ 35 Abs. 1 ErbStG) und die Höhe der anfallenden Schenkungsteuer (§§ 14–16; § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG). Selbstverständlich können auch juristische Personen, wie z.B. Kapitalgesellschaften (so ausdrücklich §§ 7 Abs. 8 Satz 2, 15 Abs. 4 ErbStG) Schenker sein. Ebenso gilt dies für die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (s. auch § 35 ErbStG Rz. 19–38, 45–47).
Rz. 95
Schenker ist derjenige, der den Erwerber auf seine Kosten bereichert (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Das ErbStG individualisiert ihn als denjenigen, "... aus dessen Vermögen der Erwerb stammt" (§ 30 Abs. 2 ErbStG) und verwendet damit exakt dieselbe Formulierung, die in § 516 Abs. 1 BGB den objektiven Tatbestand der bürgerlich-rechtlichen Schenkung, den Hauptanwendungsfall der freigebigen Zuwendung, umschreibt. Mit diesen Worten kommt deutlich zum Ausdruck, dass die Bereicherung des Erwerbers, die allein Gegenstand der Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG), grundsätzlich auf einer Vermögensverschiebung zwischen zwei Rechtsträgern beruhen muss. Soweit man hierbei von Entreicherung oder synonym Vermögensminderung spricht, wird der auf Seiten und damit zur Personifizierung des Schenkers notwendige tatsächliche Vorgang der Vermögenshingabe beschrieben, der die notwendige Vermögensverschiebung in Gang setzt. Schenker kann nur derjenige sein, dessen eigenes Vermögen zivilrechtlich unmittelbar tangiert wird. Hiervon abzuweichen ist ohne gesetzliche Grundlage unzulässig.
Rz. 95.1
Abfindung potenzieller Erben: Konsequent ist daher nicht der künftige Erblasser, sondern sind die Geschwister als Schenker zu behandeln, wenn sie einem von ihnen eine Abfindung zahlen gegen Verzicht auf seine eventuellen Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche.
Rz. 95.2
Schenkungsvollzug nach dem Tod des Schenkers: Ebenso kommt bei Erfüllung eines bislang noch nicht vollzogenen Schenkungsversprechens eines Erblassers nach seinem Tod der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft als Schenker in Betracht, die im maßgebenden Steuerentstehungszeitpunkt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) die Leistung aus ihrem Vermögen erbringen (§ 1922 Abs. 1 BGB; § 39 Abs. 1 AO). Der Erblasser kann nicht als Schenker behandelt werden, es sei denn, man würde eine überzeugende Begründung für eine solche, ausnahmsweise von der Zivilrechtslage abweichende, Handhabung finden – oder man ändert das ErbStG entsprechend.
Rz. 95.3
Stiftungen können selbstverständlich Schenker sein (s. § 35 ErbStG Rz. 19, 20, 38). Handelt es sich jedoch um eine, zivilrechtlich nicht als Rechtsträgerin akzeptierte, transparente Stiftung (s. Rz. 51), kommt konsequent die Person als Schenker in Betracht, der das "Stiftungs"vermögen zugerechnet wird. Im Einzelfall ist dies meist der Stifter. Beachten Sie: Entscheidend sind die Verhältnisse im Steuerentstehungszeitpunkt. Mit Wegfall der die Transparenz begründenden Umstände entfallen die Gründe für die abweichende Vermögenszurechnung. Wird die Zuwendung erst später und damit aus dem Stiftungsvermögen ausgeführt, ist allein die Stiftung Schenkerin.
Rz. 95.4
Wer eine Vorteilsgewährung aus dem Vermögen eines Dritten lediglich veranlasst, kann grundsätzlich nicht Schenker sein. Stattdessen ist dies hinsichtlich der betroffenen Vermögensinhaber zu prüfen. So entschied der BFH jüngst im Falle nicht autorisierter Geldüberweisungen zwischen fremden Konten; soweit die Täterin einen ihrem eigenen Konto gutgeschriebenen und sodann entnommenen Geldbetrag weitergab, war der maßgebende Freibetrag von 20.000 EUR nicht überschritten, weshalb die Steuerbarkeit leider unerörtert blieb. Beachten Sie: Wer fremdes Vermögen veruntreut, macht sich i.d.R. schadensersatzpflichtig (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. z.B. § 246, 266 StGB). Zwangsläufig belastet er dadurch letztlich doch sein eigenes Vermögen.
Rz. 95.5
Zuwendungen von Kapitalgesellschaften: Wird ein Erwerber aus dem Vermögen einer Kapitalgesellschaft bereichert, ist sie Schenkerin. Dies "bleibt" sie auch dann, wenn die Zuwendung durch einen Gesellschafter veranlasst wurde. Inzident klarstellend geht § 15 Abs. 4 ErbStG hiervon aus (s. auch Rz. 607). Offiziell gilt derzeit jedoch: Bei Veranlassung von Vorteilsgewährungen einer Kapitalgesellschaft durch den Empfängern nahestehende Gesellschafter"liegt regelmäßig keine freigebige Zuwendung der Gesellschaft ... vor"; Schenker ist/sind, ggf. quotal, der/die Gesellschafter. Die Schenkungsteuerstellen dürfen demnach eine Kapitalgesellschaft nur dann als Schenkerin behandeln, wenn überhaupt kein Gesellschafter involviert oder d...