Rz. 181
In Bezug auf abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens besteht nach der Rechtsprechung die – widerlegbare – Vermutung, dass ihr Teilwert am Bewertungsstichtag den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich AfA nach § 7 EStG entspricht.
Maßgeblich ist nach dem BFH-Urteil v. 30.11.1988 – II R 237/83 die lineare AfA, die am ehesten dem tatsächlichen Werteverzehr entspreche. Die Entscheidung über die Wahl der Absetzungsmethode werde, so der BFH (a.a.O.), häufig durch Überlegungen beeinflusst, die nichts mit der Frage der Berücksichtigung des zutreffenden Werteverzehrs zu tun hätten. Außerdem sei zu bedenken, dass die degressive Absetzung nicht nur dem Ausweis des richtigen Werteverzehrs diene, sondern vom Gesetzgeber auch als Instrument der Konjunkturpolitik eingesetzt werde. Die geometrisch-degressive AfA dürfte nur in wenigen Fällen dem tatsächlichen Nutzungsverlauf entsprechen. Dies zeige sich auch darin, dass sich die Höchstsätze für die geometrisch-degressive AfA im Laufe der Jahre mehrfach geändert hätten und das EStG eine Ermächtigung enthalte, aus konjunkturpolitischen Gründen die degressive AfA auszuschließen. Der BFH hat mit dieser Entscheidung die bis dahin wohl herrschende Meinung in der Literatur abgelehnt, dass die Teilwertvermutung bei jeder zulässigen und auch tatsächlich angewendeten AfA-Methode – also auch bei der geometrisch-degressiven AfA – gelte.
Rz. 182
Dem BFH-Urteil v. 30.11.1988 ist m.E. beizupflichten. Die Teilwertvermutung bei in Gebrauch genommenen abnutzbaren Anlagegütern sollte nicht davon abhängen, welche der zulässigen AfA-Methoden der Steuerpflichtige – zumeist aus unternehmenspolitischen, insbesondere steuerpolitischen Erwägungen, die mit dem tatsächlichen Werteverzehr wenig zu tun haben – gewählt hat und welche degressiven AfA-Sätze der Gesetzgeber – vornehmlich aus konjunkturpolitischen Gründen – festgelegt hat. Zwar ist den Kritikern dieses Urteils zuzugeben, dass die degressive AfA (auch) der betriebswirtschaftlichen Erkenntnis Rechnung trägt, dass der Wertverlust eines Wirtschaftsguts im Anfangsstadium seiner Nutzung höher ist als in späteren Perioden. Indessen steht es dem Steuerpflichtigen frei, die auf der Anwendung der linearen AfA basierende Teilwertvermutung in begründeten Fällen zu widerlegen. So lässt denn auch der BFH in Fällen, in denen der Steuerpflichtige eine andere zulässige AfA-Methode als die lineare AfA gewählt hat, etwa aus wirtschaftlich begründetem Anlass die Absetzung nach Maßgabe der Leistung (§ 7 Abs. 1 Satz 6 – früher Satz 4 – EStG) vorgenommen hat, eine Widerlegung der Teilwertvermutung zu. Zur Widerlegung von Teilwertvermutungen vgl. im Einzelnen Rz. 193 ff.
Nach dem Vorgesagten versteht es sich von selbst, dass die vom Steuerpflichtigen in Anspruch genommenen erhöhte AfA oder Sonderabschreibungen die Teilwertvermutung nicht beeinflussen.
Rz. 183– 187
Einstweilen frei.