Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 84
Von einer einheitlichen Restnutzungsdauer ist bei solchen Geschäftsgrundstücken auszugehen, die aus einem Gebäude mit nicht selbstständigen Gebäudeteilen verschiedener Bauart oder Nutzung bestehen. Das wäre beispielsweise bei einer geschossweise unterschiedlichen Bauart oder bei einer Tiefgarage unter einem Bankgebäude der Fall. Diese von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung ist m.E. unter dem Gesichtspunkt einer typisierenden Bewertung nicht zu beanstanden.
Rz. 85
Die Ermittlung der einheitlichen Restnutzungsdauer für das gesamte Gebäude richtet sich hierbei nach der typisierten wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die dem durch die Hauptnutzung bestimmten Gesamtgepräge des Gebäudes entspricht.
Rz. 86
Sofern keine der Nutzungen des Gebäudes prägend ist, kann für dieses Gebäude bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer von durchschnittlichen Gesamtnutzungsdauern der jeweiligen Gebäudeklassen der Anlage 22 BewG ausgegangen werden.
Rz. 87
Beispiel
Unter einem massiv errichteten Bankgebäude (Nutzfläche 2000 m[2], wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer 60 Jahre) befindet sich eine Tiefgarage (Nutzfläche 500 m[2], wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer 40 Jahre). In dem obersten Geschoss befindet sich ein Vereinsheim, das als oberer Gebäudeabschluss in Leichtbauweise erstellt wurde (Nutzfläche 200 m[2], wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer 40 Jahre).
Bei dem Geschäftsgrundstück kann wegen der geschossweise unterschiedlichen Bauart und Nutzung nicht aufgrund eines Gesamtgepräges ermittelt werden. Deshalb muss bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer von durchschnittlichen Gesamtnutzungsdauern der jeweiligen Gebäudeklassen der Anlage 22 zum Bewertungsgesetz ausgegangen werden.
Damit ergibt sich folgende Berechnung:
1 |
2 |
3 |
4 |
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Wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer (Anlage 22 BewG) |
Nutzfläche |
Gewichtung Spalte 2 × Spalte 3 |
Bank |
60 Jahre |
1 000 m[2] |
60 000 |
Tiefgarage |
40 Jahre |
500 m[2] |
20 000 |
Vereinsheim |
40 Jahre |
200 m[2] |
8 000 |
Summe |
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1 700 m[2] |
88 000 |
Durchschnittliche Gesamtnutzungsdauer 88 000/1 700 = 51,76 Jahre = rd. 52 Jahre |
Rz. 88
Nach dem Wortlaut des R B 185.3 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 ErbStR 2019 wäre auch denkbar, bei der Berechnung der durchschnittlichen Gesamtnutzungsdauer der jeweiligen Gebäudeklassen der Anlage 22 zum Bewertungsgesetz auf die Gewichtung nach der Nutzfläche zu verzichten. Dies würde dazu führen, dass die durchschnittliche Gesamtnutzungsdauer ([60 + 40 + 40] / 3 =) 46,66 Jahre betrüge. Dies wäre m.E. ungenau. Erst die Einbeziehung der Nutzungsanteile ermöglicht es, die durchschnittliche Gesamtnutzungsdauer überzeugend zu berechnen.