Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
a) Entstehung und Bedeutung der Vorschrift
Rz. 133
Die Regelung, nach der die übliche Miete anzusetzen ist, wenn der Eigentümer dem Mieter Grundstücke oder Grundstücksteile zu einer um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat, ist bereits bei der Bedarfsbewertung mit dem Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006 für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2006 eingeführt worden. Sie ist mit dem ErbStRG vom 24.12.2008 in § 186 Abs. 2 Nr. 2 BewG für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008 bei der Bewertung von Grundstücken für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer übernommen worden und gilt somit weiter.
Rz. 134
Die Prüfung, ob der Eigentümer das bebaute Grundstück nach den am Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen zu einer um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat, vermeidet unzutreffende Bewertungsergebnisse, die sich bei einer ausschließlichen Abhängigkeit des Grundbesitzwerts von einer zufällig oder gezielt vereinbarten tatsächlichen Miete ergeben würden. Damit ist die Regelung grundsätzlich zu begrüßen. Die fehlende Kopplung der tatsächlichen Miete an die übliche Miete führte bei Bewertungsstichtagen vor dem 1.1.2007 teilweise zu entsprechend unakzeptablen Ergebnissen, die – jedenfalls zu Gunsten des Steuerzahlers – geheilt werden konnten. War die tatsächliche vereinbarte Miete im Verhältnis zur üblichen Miete zu hoch, führte dies zu einem überhöhten Grundbesitzwert. Der Steuerzahler konnte dieses Ergebnis vermeiden, indem er den niedrigeren gemeinen Wert durch ein Sachverständigengutachten nachwies. Allerdings musste der Steuerzahler die Kosten des Gutachtens tragen. War die tatsächlich vereinbarte Miete im Verhältnis zur üblichen Miete dagegen zu niedrig, musste das Finanzamt den sich ergebenden zu niedrigen Grundbesitzwert grundsätzlich hinnehmen.
b) Besonderheit bei der Betriebsaufspaltung
Rz. 135
In der Praxis sind von der Problematik beispielsweise solche Grundstücke betroffen, bei denen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung eine gegenüber den Marktverhältnissen überhöhte tatsächliche Miete vereinbart worden war. Die Finanzverwaltung vertritt nach wie vor die mE zutreffende Auffassung, dass die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vereinbarte tatsächliche Miete auch bei der Bedarfsbewertung angesetzt werden muss. Dies bestätigte der BFH mit Urteil vom 2.2.2005. Nicht zu entscheiden hatte der BFH in diesem Zusammenhang die Frage, ob die tatsächliche Miete auch dann maßgebend ist, wenn die im Rahmen der Betriebsaufspaltung vereinbarte tatsächliche Miete so stark von außerhalb der Marktgegebenheiten liegenden Überlegungen beeinflusst ist, dass sie bereits bei der Besteuerung nach dem Einkommen und Ertrag nicht zu Grunde gelegt werden könnte. Die Entscheidung konnte der BFH insoweit offen lassen, weil weder das Finanzgericht festgestellt noch der Steuerzahler behauptet hat, dass ein solcher Sachverhalt im zu entscheidenden Fall vorliegt.
Rz. 136
Deshalb musste ein Steuerzahler, der im Rahmen einer Betriebsaufspaltung eine überhöhte tatsächliche Miete vereinbart hatte, diesen Mietansatz bei Bewertungsstichtagen vor dem 1.1.2007 im Rahmen der Bedarfsbewertung grundsätzlich gegen sich gelten lassen. Gegen den Ansatz der überhöhten tatsächlich vereinbarten Miete konnte sich der Steuerzahler nur mit dem besonderen Aufwand eines Sachverständigengutachtens wehren und auf diese Weise die Festsetzung des niedrigeren gemeinen Wert durchsetzen. In derartigen Fällen ist es bei Bewertungsstichtagen nach dem 31.12.2006 für den Steuerzahler wesentlich leichter, unter Berücksichtigung der marktorientierten üblichen Miete den zutreffenden gemeinen Wert abzubilden. Denn bei einer Abweichung der tatsächlichen Miete von der üblichen Miete außerhalb des Toleranzbereichs von 20 % ist stets die übliche Miete anzusetzen.
aa) Grenzen der Gestaltung
Rz. 137
Die Kopplung der tatsächlichen Miete an die übliche Miete verhindert die gezielte Gestaltung eines Steuervorteils durch Vereinbarung einer erheblich zu niedrigen Miete vor einer beabsichtigten unentgeltlichen Übertragung des Grundstücks. Diese Gestaltung wurde teilweise im Rahmen der Betriebsaufspaltung gewählt, weil in diesen Fällen im Ergebnis kein wirtschaftlicher Nachteil aufgrund des niedrigen Mietzinses eintrat. Sofern der Steuerzahler die tatsächliche Miete unterhalb der üblichen Miete festsetzt, führt dies – anders als für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2007 – immer dann nicht mehr zu einer entsprechenden Reduzierung des Grundbesitzwerts, wenn der Toleranzbereich der 20 %-Grenze überschritten wird.
bb) Ausnahme bei erheblicher Mietabweichung
Rz. 138
In Einzelfällen der Betriebsaufspaltung ist die Finanzverwaltung bereits vor Einführung der 20 %-Grenze einer steuergestalterischen Absenkung der tatsächlichen Miete entgegengetreten....