Rz. 1
Nach der grundlegenden Neufassung der Begünstigungsvorschriften für Unternehmensvermögen durch das Gesetz vom 4.11.2016 zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG ("ErbStAnpG 2016") regeln nunmehr die §§ 13a, 13b, 13c, 19a, 28 und § 28a ErbStG aktuell die zu gewährenden Verschonungen beim Erwerb von begünstigtem Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen oder Anteilen an Kapitalgesellschaften. Wie bisher beträgt die Regelverschonung grundsätzlich 85 % (§ 13b Abs. 2 ErbStG i.V.m. § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG) mit einem zusätzlichen gleitenden Abzugsbetrag von höchstens 150.000 EUR (§ 13a Abs. 2 ErbStG). Auf Antrag wird statt der Regelverschonung eine Befreiung zu 100 % gewährt (Optionsverschonung, § 13a Abs. 10 ErbStG). Zusätzlich wird entsprechend dem bisherigen Recht nach § 19a ErbStG eine Tarifbegrenzung gewährt, wenn begünstigtes Vermögen durch Personen der Steuerklasse II oder III erworben wird. Schließlich gewährt § 28 ErbStG dem Erwerber auf Antrag eine Stundungsmöglichkeit in den Fällen, in denen zum Erwerb Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen gehört und soweit dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist. Als Teil des neuen Verschonungskonzepts gelten andere Regeln, wenn der Wert des erworbenen Vermögens den Schwellenwert von 26 Mio. Euro übersteigt, § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG i.V.m. § 13c ErbStG. Denn nun hat der Erwerber ein Wahlrecht. Er kann unwiderruflich beantragen, auf seinen Erwerb das Abschmelzungsmodell für den Verschonungsabschlag nach § 13c ErbStG anzuwenden. In diesem Fall könnte – auch später – eine Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG nicht mehr beantragt werden (§ 13c Abs. 2 Satz 6 ErbStG). Alternativ dazu kann der Erwerber – widerruflich – die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG beantragen.
Rz. 2
Die Prüfung für die Anwendung des Begünstigungskonzeptes vollzieht sich in mehreren Stufen (s. hierzu § 13a ErbStG Rz. 2 ff.). Hinsichtlich dieses Begünstigungskonzepts bilden §§ 13a, 13b ErbStG dabei eine Einheit. Die §§ 13a, 13b ErbStG regeln die vier Voraussetzungen für die Inanspruchnahme etwaiger Begünstigungen, namentlich die Prüfung, ob es sich bei der übertragenen betrieblichen Einheit um dem Grunde nach begünstigungsfähiges Vermögen handelt (§ 13b Abs. 1 ErbStG), inwieweit begünstigtes Vermögen vorliegt (§ 13b Abs. 2 und 4 ErbStG) und inwieweit die beiden nachgelagerten Voraussetzungen der Lohnsummenkontrolle (§ 13a Abs. 3 ErbStG) und der Einhaltung der Behaltensfrist (§ 13a Abs. 6 ErbStG) vorliegen.
Rz. 3
Zur Vermeidung von missbräuchlichen Gestaltungsmöglichkeiten sowie zur zielgenauen und folgerichtigen Abgrenzung des begünstigten Vermögens vom nicht begünstigten Vermögen versucht der Gesetzgeber auf die in der Vergangenheit bereits bemühte Abgrenzung nach dem Hauptzweck zurückzugreifen. Der Hauptzweck muss entsprechend der Zielsetzung des Gesetzes eine originäre land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit sein, so dass hinsichtlich der tätigkeitsbezogenen Betrachtung grundsätzlich an die ertragsteuerrechtlichen Entscheidungen angeknüpft werden kann. Dabei können im jeweiligen Betrieb mehrere land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeiten ausgeübt werden. Ob ein Wirtschaftsgut einer dieser Tätigkeiten nach dem Hauptzweck dient, ist danach zu beurteilen, welchen Beitrag es bei dieser Tätigkeit leistet. Dagegen genügt es nicht, wenn aufgrund der Rechtsform (beispielsweise Kapitalgesellschaften) Wirtschaftsgüter zu gewerblichen Einkünften führen. Dies gilt auch bei Wirtschaftsgütern, die für den Betrieb lediglich nützlich, notwendig bzw. rechtlich vorgeschrieben sind. Entscheidend ist (wie z.B. bei der Abgrenzung von Betriebsvorrichtungen), ob die Wirtschaftsgüter von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung der Tätigkeiten des Betriebs genutzt werden. Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzungen kann das zu begünstigende Vermögen im Rahmen der nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG ohnehin vorzunehmenden Einzelbewertung zielgenau und folgerichtig nach dem Hauptzweck der einzelnen Tätigkeiten des Betriebs oder der Gesellschaft abgegrenzt werden. Zugleich wird damit ausgeschlossen, dass Wirtschaftsgüter, die ohne die eigentliche betriebliche Tätigkeit zu beeinträchtigen aus dem Betriebsvermögen herausgelöst werden können, die (vollständige) Verschonung nach § 13a ErbStG erhalten. In Abkehr von den bisherigen gegenständlichen Definitionen im Verwaltungsvermögenskatalog und seiner Regel-Ausnahme-Rückausnahme-Technik versucht die Neuregelung nicht-verschonungswürdiges Vermögen zielgenauer und folgerichtiger auszuschließen. Dies versucht der der Gesetzgeber durch eine neue normative Umschreibung des begünstigten Vermögens zu erreichen.
Rz. 4
Einstweilen frei.