Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 200
Eine fehlerbeseitigende Art-, Wert- oder Zurechnungsfortschreibung setzt voraus, dass die vorangegangene Feststellung einen oder mehrere Fehler enthält, sich die Fehler auf das Ergebnis der vorangegangenen Feststellung ausgewirkt haben und diese Feststellung nicht nach den Vorschriften der Abgabenordnung abänderbar ist. Der Fehlerbegriff umfasst jede Unrichtigkeit, also sowohl die unzutreffende Tatsachenwürdigung als auch die unrichtige Anwendung von Rechtsvorschriften. Ein Fehler führt jedoch nur dann zu einer Fortschreibung, wenn die bisher angewandten Grundlagen außerhalb der Norm liegen. Das ist nicht der Fall, wenn lediglich eine dem Ursprungsbescheid zugrunde liegende Schätzung korrigiert werden soll. Eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung ist z.B. bei der geänderten Festlegung der ortsüblichen Miete nur dann zulässig, wenn die bisherige Schätzung der ortsüblichen Jahresrohmiete außerhalb jeder vernünftigen Überlegung gelegen hat. S. aber Anm. 202.
Rz. 201
Die fehlerbeseitigende Wertfortschreibung setzt nicht voraus, dass der Fehler seine Ursache in der Unkenntnis des Finanzamts über die tatsächlichen Verhältnisse hat. Deshalb kommt eine Fehlerbeseitigung durch Fortschreibung auch dann in Betracht, wenn dem Finanzamt die tatsächlichen Verhältnisse bekannt waren, es diese Verhältnisse aber rechtlich unzutreffend beurteilt hat. Eine Wertfortschreibung ist mithin zulässig, wenn das Finanzamt ein Einfamilienhaus nach einer Augenscheinseinnahme (vgl. § 92 Satz 2 Nr. 4 AO i.V.m. §§ 98 und 99 AO) zunächst im Ertragswertverfahren bewertet, später aber auf Grund der zwischenzeitlich ergangenen höchstrichterlichen Rspr. erkennt, dass das Sachwertverfahren anzuwenden ist. Gleichwohl hat das FG Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 17.12.2014 die Auffassung vertreten, dass das Unterlassen einer bereits früher gebotenen Wertfortschreibung nicht zum nachträglichen Entstehen eines Fehlers führt und folglich die Nachholung einer Fortschreibung wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse keine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung sei.
Rz. 202
Auch der Irrtum des Finanzamts über die Eigenschaft einer Wohnung als steuerbegünstigt oder als öffentlich gefördert stellt einen Fehler bei der Schätzung der üblichen Miete (vgl. § 79 Abs. 2 BewG) dar, der durch Fortschreibung zu beseitigen ist. Das ist regelmäßig der Fall, wenn das Finanzamt sich bei Anwendung des Mietspiegels über die erwähnten Eigenschaften der Wohnung irrt und die übliche Miete deshalb eindeutig zu hoch oder zu niedrig schätzt. Das Gleiche gilt, wenn das Finanzamt nach Wegfall der Grundsteuervergünstigung die Jahreswohnmiete fehlerhaft aus der üblichen Miete für grundsteuerbegünstigten Wohnraum und nicht für frei finanzierten Wohnraum ableitet. Ebenso kann in der falschen bzw. nicht vorgenommenen Bewertung (vgl. § 19 Abs. 4 BewG i.V.m. § 3 Abs. 1 GrStG) eines für gemeinnützige Zwecke errichteten Gebäudes ein Fehler liegen, wenn die Gemeinnützigkeit des Eigentümers aberkannt wird oder das Gebäude nicht mehr gemeinnützigen Zwecken dient.
Rz. 203
Ob dem Finanzamt ein Fehler unterlaufen ist, muss bei jeder Fortschreibungsart gesondert beurteilt werden. Allerdings kann ein Fehler Auswirkungen auf mehrere Fortschreibungsarten haben. Der Irrtum des Finanzamts über die Zahl der Wohnungen kann z.B. zugleich die Artfeststellung und die Wertfeststellung fehlerhaft machen.
Rz. 204
Bei der fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung ist hinsichtlich der Wertgrenzen des § 22 Abs. 1 Nr. 1 BewG auf den Einheitswert vom letzten Feststellungszeitpunkt abzustellen. Das gilt auch dann, wenn dieser betragsmäßig zugunsten des Stpfl. fehlerhaft war und nur deshalb die Wertgrenzen überschritten wurden.
Rz. 205– 207
Einstweilen frei.