Rz. 1
Die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft, § 38 AO. "Tatbestand" in diesem Sinne ist die Gesamtheit der in den materiellen Steuerrechtsnormen enthaltenen abstrakten Voraussetzungen, bei deren Vorliegen bestimmte Rechtsfolgen eintreten. Der Tatbestand ist das abstrakte Spiegelbild des konkreten Lebenssachverhalts.
Rz. 2
Alle Steuergesetze enthalten als Tatbestandsmerkmale das Steuersubjekt, das Steuerobjekt, die Bemessungsgrundlage und den Tarif. Das Steuersubjekt bestimmt, wer besteuert wird. Das Steuerobjekt regelt, was besteuert wird. Die Bemessungsgrundlage ist die zahlenmäßige Größe, aufgrund deren die Steuer berechnet wird. Der Steuersatz schließlich wird auf die Bemessungsgrundlage angewendet und ergibt die festzusetzende Steuer.
Rz. 3
§ 1 Abs. 1 ErbStG bestimmt für das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz die objektive Steuerpflicht, das Steuerobjekt. Unter der Definition als steuerpflichtige Vorgänge führt die Vorschrift damit abschließend die Tatbestände auf, die dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz unterfallen. Die in § 1 Abs. 1 ErbStG erfassten Tatbestände werden durch die §§ 3 bis 8 ErbStG konkretisiert. Im Überblick:
Rz. 4
Das deutsche Erbschaftsteuerrecht kennt zwei Steuergegenstände. Zum einen den Übergang von Vermögen beim Tod einer natürlichen Person oder durch Schenkung unter Lebenden auf einen Dritten; zum anderen das Vorhandensein von Vermögen in Familienstiftungen oder Familienvereinen. Der Übergang von Vermögen beim Tod einer natürlichen Person unterliegt der Erbschaftsteuer. Schenkungen unter Lebenden unterfallen der Schenkungsteuer. Die Bindung von Vermögen in Familienstiftungen oder Familienvereinen unterfällt der so genannten Erbersatzsteuer.
Rz. 5
Die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ErbStG normierten Steuertatbestände des Erwerbs von Todes wegen und der Schenkung unter Lebenden lassen sich bereits im Reichs-Erbschaftsteuergesetz 1906 finden. Die Zweckzuwendung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) wird erstmals im ErbStG 1922 als eigener Steuertatbestand aufgeführt. Die Erbersatzsteuer oder Ersatzerbschaftsteuer, wie man sie auch nennt, ist 1974 dazugekommen.
Rz. 6
In der Gesetzesüberschrift werden die Erbschaftsteuer und die Schenkungsteuer getrennt aufgeführt. Auch der Einleitungssatz in § 1 Abs. 1 ErbStG spricht von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer. Trotz dieser sprachlichen Unterscheidung ist davon auszugehen, dass es sich hierbei letztlich um ein und dieselbe Steuer und nicht um zwei unterschiedliche Steuerarten handelt. Die Schenkungsteuer stellt sich dabei als eine Unterart bzw. als notwendige Ergänzung der Erbschaftsteuer dar. Wie sich aus § 1 Abs. 2 ErbStG ergibt, sollen die steuerrechtlichen Folgen aus den unterschiedlichen Besteuerungstatbeständen weitgehend identisch sein. Die Schenkungsteuer soll ein Ausweichen vor dem steuerpflichtigen Vermögensübergang von Todes wegen in steuerfreie Rechtsgeschäfte unter Lebenden verhindern.
Rz. 7– 9
Einstweilen frei.