Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 548
Wegen des Wegfalls der Vermögensteuer werden Einheitswerte für das Betriebsvermögen nicht mehr festgestellt. Die Ermittlung des Vermögenswerts kann deshalb nicht mehr, wie vordem, an einen festgestellten Einheitswert anknüpfen. Der Vermögenswert muss vielmehr selbständig ermittelt werden. Das Jahressteuergesetz 1997 hat die Vorschrift des § 12 Abs. 2 i.V.m. Abs. 5 ErbStG dahin gefasst, dass die Wertansätze der Steuerbilanz maßgebend sind (§ 109 BewG). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht für Betriebsgrundstücke sowie für Wertpapiere und Anteile und Genussscheine von Kapitalgesellschaften. Betriebsgrundstücke sind mit dem Bedarfswert anzusetzen (§ 12 Abs. 3 ErbStG), Wertpapiere sowie Anteile und Genussscheine an Kapitalgesellschaften mit den sich nach § 11 oder § 12 BewG ergebenden Werten. Der Geschäfts- oder Firmenwert und die Werte von firmenwertähnlichen Wirtschaftsgütern sind in den Vermögenswert nicht mit einzubeziehen. Ebenso sind Ausgleichsposten im Fall einer Organschaft nicht anzusetzen (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 95 Abs. 1 S. 2 BewG). Dagegen kann ausländisches Betriebsvermögen entgegen der Rechtslage (s. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 31 BewG) offensichtlich aus Vereinfachungsgründen mit Steuerbilanzwerten angesetzt werden (R 98 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2003), soweit dies im Einzelfall nicht zu unangemessenen Ergebnissen führt und deshalb eine besondere Wertermittlung zu erfolgen hat.
Rz. 549
Nach § 12 Abs. 5 ErbStG sind die dort zitierten Vorschriften des BewG nicht nur für die Wertermittlung der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens maßgebend, sondern auch für den Bestand des Betriebsvermögens. Nach § 95 BewG gehören zum Bestand des Betriebsvermögens alle Teile eines Gewerbebetriebs, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Das sind nach § 97 Abs. 1 Satz 2 BewG auch Wirtschaftsgüter im Eigentum eines, mehrerer oder aller Gesellschafter, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören; diese Zurechnung geht anderen Zurechnungen vor. Im Idealfall besteht für die Ermittlung des Vermögens zur Schätzung des Werts des Anteils zwischen Steuerbilanz und Vermögen Bestandsidentität und Bewertungsidentität. Die komplizierte und verwirrende Verweisungstechnik von ErbStG über BewG zum EStG lässt jedoch offen, ob eine Bindung an die Steuerbilanz besteht, wie es für die Anteilsbewertung zum 1.1.1993 ausdrücklich angeordnet war (§ 11 Abs. 2 i.V.m. § 109a BewG), oder ob die Steuerbilanz im Zuge der Anteilsbewertung darauf überprüft werden kann oder muss, ob sie den steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften entspricht. Der Gesetzeswortlaut spricht für letztere Auffassung, also keine Bindung an die Steuerbilanz, wenn und soweit sie nicht den steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften entspricht. Diese Auffassung vertritt auch die Finanzverwaltung. Nach H 122 ErbStH 2003 bedeutet der Grundsatz der Bewertungsidentität nicht, dass auch unrichtige Steuerbilanzwerte in die Vermögensaufstellung zu übernehmen sind. Die Vermögensgegenstände sind vielmehr mit dem zutreffenden Wert im Besteuerungszeitpunkt anzusetzen. Das gilt selbst dann, wenn die insoweit unzutreffende Steuerbilanz der Gewinnermittlung zugrunde gelegt wurde. Die durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 geänderten Bilanzierungsvorschriften wirken sich auf den Vermögenswert aus.
Rz. 550
Der Vermögenswert ist zum Stichtag der Steuerentstehung zu ermitteln. Zu diesem Stichtag wird meistens eine Steuerbilanz nicht vorliegen. Deshalb sind an dem nach obigen Ausführungen ermittelten Ausgangswert Korrekturen an dem Bestand und erforderlichenfalls an der Bewertung der aus einer zutreffend aufgestellten Steuerbilanz übernommenen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens anzubringen. Diese Korrekturen betreffen insbesondere
- 1. Hinzurechnung des Gewinns bzw. Abrechnung des Verlustes, der auf den Zeitraum vom letzten Bilanzstichtag vor dem Besteuerungszeitpunkt bis zum Besteuerungszeitpunkt entfällt. Auszugehen ist dabei vom Gewinn laut Steuerbilanz. Der Gewinn oder Verlust ist zu korrigieren, soweit darin Abschreibungen (Normal-AfA, erhöhte AfA, Sonderabschreibungen, Teilwertabschreibungen) oder andere Aufwendungen auf betrieblichen Grundbesitz enthalten sind, die das Ergebnis gemindert haben. Gewinn oder Verlust und Abschreibungen oder andere Aufwendungen bis zum Besteuerungszeitpunkt sind, soweit dies nicht im Einzelfall zu unangemessenen Ergebnissen führt, zeitanteilig aus den entsprechenden Jahresbeträgen zu berechnen;
- 2. Berücksichtigung von Vermögensänderungen infolge Veräußerung oder Erwerb von Anlagevermögen, insbesondere von Betriebsgrundstücken, Wertpapieren, Anteilen und Genussscheinen von Kapitalgesellschaften und Beteiligungen an Personengesellschaften, soweit sie sich nicht bereits nach Nummer 1 ausgewirkt haben;
- 3. Vermögensabfluss durch Gewinnausschüttungen;
- 4. Vermögenszuführungen oder -abflüsse infolge von Kapitalerhöhungen...