Rz. 150
Derartige Verträge lassen sich gezielt zur Ausführung mittelbarer Schenkungen einsetzen: Der Schuldner verspricht seinem Vertragspartner, dem Schenker, an eine "dritte" Person, den Erwerber, zu leisten (§ 328 Abs. 1 BGB). Hierbei entsteht ein Dreiecksverhältnis, in dem die Rechtsbeziehungen der Beteiligten streng zu unterscheiden sind:
Rz. 151
Hat die im Deckungsverhältnis vereinbarte Leistung(spflicht) des Schuldners Gegenleistungscharakter, kann sie Entgelt auf der Basis eines gegenseitigen Vertrags sein; z.B. Auszahlung einer Versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalls, Rentenzahlung nach Beendigung eines Arbeits- oder Gesellschaftsverhältnisses, Kaufpreisrente, Schuldübernahme anstelle einer Zahlungsverpflichtung, Lieferung in Erfüllung eines Kaufvertrags oder Leistung aufgrund eines anderen Vertrags. Als solches kann ihr aber auch, verknüpft mit einer unentgeltlichen Zuwendung des Schenkers an den Schuldner, lediglich die Funktion einer Bereicherungsminderung zukommen. Zwischen beiden Partnern wird dann entweder ein teil(un)entgeltliches Geschäft, d.h. eine gemischte Schenkung, verwirklicht; typisch bei Vermögensübertragungen im Wege vorweggenommener Erbfolge und hier oft ertragsteuerlich motiviert (Gleichstellungsgelder, Versorgungsleistungen an Dritte). Oder dem Schuldner wird, meist zur optimalen Ausnutzung der persönlichen Freibeträge, die riskante (partielle) Weitergabe des Vermögens auferlegt (s. auch oben Anm. 51). Wenn und soweit die Leistung(spflicht) des Schuldners nicht die Qualität einer Gegenleistung hat, ist eine (gemischte) Schenkung in umgekehrter Richtung denkbar. Selbstverständlich kann sich der Schuldner seinerseits gegenüber dem Versprechensempfänger freigebig verpflichten, an den Erwerber zu leisten, z.B. in Fällen der Schuldübernahme oder bei Sicherung/Tilgung fremder Schulden (s. Anm. 34–36 und 171, 178 f.).
Rz. 152
Damit die aus dem Deckungsverhältnis resultierende Vermögensmehrung des Erwerbers als freigebige Zuwendung des Schenkers behandelt werden kann, muss sie zwischen ihnen – im Valutaverhältnis – zumindest teilweise objektiv unentgeltlich sein (zur Unentgeltlichkeit s. Anm. 54 f.). Im Falle eines notariellen Schenkungsvertrags oder eines nachweisbaren Schenkungsversprechens ist dies natürlich unproblematisch. Da entsprechende Abreden jedoch nicht erforderlich sind, genügt faktisch jede objektive Bereicherung des Vorteilsempfängers, soweit sie nicht gegenüber dem Schenker auf einem konkreten entgeltlichen Rechtsanspruch beruht oder mit einer wertadäquaten Gegenleistung(sverpflichtung) rechtlich verknüpft ist. Konsequent muss daher auch eine im Valutaverhältnis ohne Rechtsgrund erfolgte Bereicherung schenkungsteuerbar sein, jedenfalls solange der Erwerber den Erwerbsgegenstand nicht in Erfüllung eines geltend gemachten Bereicherungsanspruchs an den Schenker herausgibt (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – s. auch Anm. 49, 61 m.w.N.).
Rz. 153
Die Entstehung des Schenkungsteueranspruchs hängt von der Ausführung der Zuwendung ab, wobei es entscheidend auf den Eintritt der tatsächlichen Bereicherung des Bedachten und damit den Gegenstand des Erwerbs ankommt (§§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG – s. Anm. 10 ff.). Dies bestimmt sich in den hier relevanten Dreiecksbeziehungen danach, ob der Erwerber vom Schuldner, d.h. im Vollzugsverhältnis, die im Deckungsverhältnis versprochene Leistung unmittelbar fordern kann oder nicht:
- Beim echten Vertrag zugunsten Dritter erwirbt er einen solchen Rechtsanspruch grundsätzlich bereits mit Rechtswirksamkeit des vertraglichen Leistungsversprechens bzw. nach Maßgabe der jeweiligen Fälligkeitsregeln (§ 328 Abs. 1 BGB); die spätere (Nicht-/Schlecht-) Erfüllung des Anspruchs ist schenkungsteuerlich irrelevant (§ 11 ErbStG).
- Beim unechten Vertrag zugunsten Dritter fehlt ein derartiges Forderungsrecht, so dass die Bereicherung des Erwerbers erst mit der Erfüllung des Leistungsversprechens durch den Schuldner eintritt.
Rz. 154
Entscheidend für die Ausführung der im Valutaverhältnis gewollten Schenkung ist letztlich die Auslegung der im Deckungsverhältnis getroffenen Vereinbarungen (§ 328 Abs. 2 BGB), wobei im Zweifel bestimmte Auslegungsregeln zu beachten sind.