I. Allgemeines
Rz. 4
Wenn der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG den Schwellenwert von 26 Mio. EUR überschreitet (Großerwerb), ist § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass sich auf Antrag des Erwerbers der nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG anzuwendende Prozentsatz des Verschonungsabschlags von 85 Prozent oder der nach § 13a Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 ErbStG anzuwendende Prozentsatz des Verschonungsabschlags von 100 Prozent um jeweils einen Prozentpunkt für jede vollen 750.000 EUR verringert, die der Wert des begünstigten Vermögens den Schwellenwert von 26 Mio. EUR übersteigt (Abschmelzmodell; § 13c Abs. 1 Satz 1 ErbStG).
II. Abschmelzen des Verschonungsabschlags
Rz. 5
Grundsätzlich gilt als Großerwerb, der in den Anwendungsbereich des § 13c ErbStG gefällt, jeder Erwerb, bei dem das begünstigte Vermögen die Grenze von 26 Mio. EUR überschreitet. Maßgeblich ist das insgesamt erworbene begünstigte Vermögen. Das begünstigte Vermögen mehrerer wirtschaftlicher Einheiten ist zusammenzurechnen. Bei Schenkungen mit z.B. mehreren Betriebsübertragungen in mehreren Schenkungsverträgen ist bei Vorliegen eines einheitlichen Schenkungswillens von nur einer Schenkung auszugehen. Ein Überschreiten um einen Euro ist dabei grundsätzlich ausreichend (vorbehaltlich der Abrundung auf volle Einhundert Euro nach unten, § 10 Abs. 1 Satz 6 ErbStG).
Rz. 6
Wenn der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG den Schwellenwert von 26 Mio. EUR überschreitet, ist § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass sich auf Antrag des Erwerbers der nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG anzuwendende Prozentsatz des Verschonungsabschlags von 85 % oder der nach § 13a Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 ErbStG anzuwendende Prozentsatz des Verschonungsabschlags von 100 % um jeweils einen Prozentpunkt für jede vollen 750.000 EUR verringert, die der Wert des begünstigten Vermögens den Schwellenwert von 26 Mio. EUR übersteigt.
Rz. 7
Beispiel 1: 4
Vater V schenkt seinem Sohn S am 1.4.2017 begünstigtes Vermögen im Wert von 50.000.000 EUR. Ein Antrag auf Optionsverschonung wurde nicht gestellt.
begünstigtes Vermögen |
50.000.000 EUR |
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50.000.000 EUR |
Verschonungsabschlag bei der Regelverschonung in % |
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85 % |
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Schwellenwert |
./. 26.000.000 EUR |
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übersteigender Wert |
24.000.000 EUR |
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Minderung des Verschonungsabschlags |
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24.000.000 EUR : 750.000 EUR = |
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./. 32 % |
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zu gewährender Verschonungsabschlag in % |
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53 % |
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Verschonungsabschlag in EUR |
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53 % von 50.000.000 EUR |
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./. 26.500.000 EUR |
verbleiben |
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23.500.000 EUR |
Abzugsbetrag |
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./. 0 EUR |
steuerpflichtiges Vermögen |
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23.500.000 EUR |
Rz. 8
Bei mehreren Erwerben begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG von derselben Person innerhalb von zehn Jahren werden für die Bestimmung des Verschonungsabschlags für den letzten Erwerb nach § 13c Abs. 1 ErbStG die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert dem letzten Erwerb hinzugerechnet (§ 13c Abs. 2 Satz 2 ErbStG).
Rz. 9
Erstmals für Erwerbe ab 1.7.2016 wird für den Erwerb von begünstigtem Vermögen (§ 13b Abs. 2 ErbStG) ein Abschlag von bis zu 30 % gewährt, wenn der Gesellschaftsvertrag eines Familienunternehmens bestimmte Beschränkungen enthält (Vorwegabschlag, im Einzelnen § 13a ErbStG Rz. 263 ff.). Der Vorwegabschlag kommt insbesondere nicht in Betracht bei einem Einzelunternehmen, bei Anteilen an einer Aktiengesellschaft, weil das Aktiengesetz keine entsprechenden Einschränkungen in der Satzung zulässt, in den Fällen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 und § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG, weil es sich nicht um einen Erwerb begünstigten Vermögens handelt. Der Vorwegabschlag ist vorrangig vor Anwendung des Verschonungsabschlags nach § 13a Abs. 1 oder 10 bzw. § 13c ErbStG oder der Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG zu berücksichtigen. Daher ist der Wert des begünstigten Vermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG) vor der Prüfung des Schwellenwerts für Großerwerbe von 26 Mio. EUR (§ 13a Abs. 1 Satz 1 bis 3 ErbStG) stets um den sich im Einzelfall ergebenden Vorwegabschlag zu verringern.
Rz. 10
Abweichend vom Grundfall nach §§ 13a Abs. 1, 13b Abs. 2 ErbStG, in dem 85 % des begünstigten Vermögens steuerfrei gestellt werden, kann der Erwerber unwiderruflich erklären, dass der Verschonungsabschlag 100 % betragen soll, § 13a Abs. 10 ErbStG (im Einzelnen § 13a ErbStG Rz. 305 ff.). Der Antrag kann nach Zugang dieser Willenserklärung beim Erbschaftsteuerfinanzamt nicht mehr widerrufen werden (§ 13a Abs. 10 ErbStG). Soll das Abschmelzmodell für die Optionsverschonung angewendet werden, ist der Antrag nach § 13a Abs. 10 ErbStG unabhängig davon zu stellen, dass der Erwerber das Abschmelzmodell angewendet wissen will, d.h. der Antrag nach § 13a Abs. 10 ErbStG ist also in jedem Fall zusätzlich als solcher zu stellen.
Beispiel 2: 7
Sachverhalt wie in Beispiel 1. Ein Antrag auf Optionsverschonung wurde gestellt.