Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Änderung der Nutzung (Abs. 1 Var. 1)
Rz. 22
Anzeigepflichtig ist die Änderung der Nutzung eines ganz oder teilweise steuerbefreiten Steuergegenstands mit steuerlicher Relevanz. In Betracht kommen Nutzungsänderungen, die sich auf sämtliche Steuerbefreiungstatbestände der §§ 3 ff. GrStG beziehen. Nur solche Nutzungsänderungen müssen angezeigt werden, die Auswirkungen auf die gewährte Steuerbefreiung haben. Durch das JStG 2022 wurde der bis dahin weite Wortlaut der Norm auf diese Fälle eingeschränkt. Die Steuerbefreiungen nach §§ 3 und 4 GrStG gelten einerseits für bestimmte Rechtsträger, andererseits für bestimmte Arten der Grundstücksnutzung, während die §§ 5 bis 8 GrStG sachliche Ausnahmen bzw. Konkretisierungen der Steuerbefreiungen regeln. Ändert sich die Nutzung eines steuerbefreiten Grundstücks, muss das Finanzamt in die Lage versetzt werden zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung auch nach der Nutzungsänderung noch vorliegen. Sollten die Voraussetzungen entfallen sein, wird das Finanzamt eine Fortschreibung nach § 222 BewG und eine Neuveranlagung nach § 17 GrStG vornehmen.
Rz. 23
Anzeigepflichtige Nutzungsänderungen kommen in zwei Fallgruppen in Betracht: Eine reine Nutzungsänderung ohne Eigentumswechsel und eine Nutzungsänderung im Zusammenhang mit einem Eigentumswechsel. In beiden Fallgruppen kann wiederum unterschieden werden, ob die Veränderung von der Steuerbefreiung zur Steuerpflicht oder umgekehrt erfolgt. Tritt die Steuerbefreiung erst nachträglich ein, besteht zwar nach dem Wortlaut der Vorschrift eine Verpflichtung zur Anzeige. Der Steuerpflichtige wird dem Finanzamt regelmäßig auch ohne diese rechtliche Verpflichtung Mitteilung vom Eintritt der Steuerbefreiung machen, um in den Genuss der Steuervergünstigung zu kommen. In der Praxis reduziert sich der Anwendungsbereich dieser Vorschrift somit auf den Wegfall einer Steuerbegünstigung. Für Nutzungsänderungen, die eine erstmalige Steuerbefreiung zur Folge haben, gilt § 19 Abs. 1 Satz 1 GrStG nicht.
Rz. 24– 25
Einstweilen frei.
II. Änderung der Eigentumsverhältnisse (Abs. 1 Var. 2)
Rz. 26
Die Änderung der Eigentumsverhältnisse ohne eine in diesem Zusammenhang stehende Nutzungsänderung ist ebenfalls anzeigepflichtig. Dies kann Bedeutung für die Prüfung der subjektiven Voraussetzungen für die Steuerbefreiung haben. Es muss ein Zurechnungswechsel stattgefunden haben, der sowohl Änderungen des zivilrechtlichen Eigentums als auch des abweichenden wirtschaftlichen Eigentums betreffen kann. Die Verpflichtung trifft den Steuerschuldner nach § 10 GrStG, dem der Steuergegenstand bei Feststellung des Grundsteuerwerts zugerechnet wurde. Neben dessen Verpflichtung nach § 19 Abs. 1 GrStG ist darüber hinaus der beurkundende Notar nach § 18 GrEStG verpflichtet, innerhalb von zwei Wochen das Finanzamt über den Rechtsvorgang zu informieren und der Anzeige eine Abschrift seiner Urkunde beizufügen. Bei Schenkungen von Grundstücken hat die Anzeige durch den Notar nach § 8 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 4 ErbStDV unverzüglich nach der Beurkundung zu erfolgen. Dies entbindet den Steuerschuldner der Grundsteuer jedoch nicht von der Erfüllung der Anzeigepflicht. Ist der Steuergegenstand mehreren Personen zugeordnet worden, so trifft jeden unabhängig voneinander die Anzeigepflicht.
Rz. 27
Das Finanzamt erfährt bereits durch die notariellen Veräußerungsanzeigen u.a. von dem Erwerbsvorgang und von den am Erwerb beteiligten Personen. Die Art der Grundstücksnutzung geht zwar aus der Veräußerungsanzeige nicht hervor, trotzdem können die am Eigentumsübergang beteiligten Parteien regelmäßig davon ausgehen, dass das Finanzamt vom Eigentumsübergang Kenntnis hat. Das gilt umso mehr, als keine Belehrungspflicht des Notars über die Anzeigepflicht nach § 19 GrStG besteht und als eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch erst nach Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das Finanzamt nach § 22 GrEStG erfolgt. Deshalb können die Parteien davon ausgehen, dass die Finanzverwaltung den Sachverhalt umfangreich geprüft hat, zumal Fälle einer Grundsteuerbefreiung in der Praxis eher die Ausnahme als die Regel sind und deshalb seitens der Finanzverwaltung einer besonderen Überwachung unterliegen. Im Übrigen ist zu beachten, dass die Grundbuchämter nach § 229 Abs. 4 Nr. 1 BewG den für die Feststellung des Grundsteuerwerts zuständigen Finanzbehörden die Eintragung eines neuen Ei...