Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 17
Sehen die vertraglichen Vereinbarungen am Bewertungsstichtag vor, dass die Miete in der Zukunft in unterschiedlich hohen Beträgen zu zahlen ist, muss dies wegen der Verbindlichkeit der vertraglichen Vereinbarung bei der Ermittlung des Rohertrags berücksichtigt werden. Denn die schuldrechtliche Wirkung der vereinbarten Miete existiert bereits zum Bewertungsstichtag.
Rz. 18
Das gilt auch, wenn am Bewertungsstichtag vertraglich Vorauszahlungen auf die künftig zu entrichtende Miete vereinbart sind.
aa) Mietvorauszahlung
Rz. 19
Der GV-Erlass vom 5.5.2009 gibt Anhaltspunkte zu der Frage, wie der Rohertrag zu ermitteln ist, wenn die Vertragsparteien für eine bestimmte Anzahl von Jahren nur deshalb eine relativ niedrige Miete vereinbart haben, weil zu Beginn des Mietverhältnisses – der aus der Sicht des Bewertungsstichtages in der Vergangenheit liegt – eine erhebliche Vorauszahlung zu leisten war. Dies kann jedenfalls aus dem Beispiel in H 14 des GV-Erlasses vom 5.5.2009 zur Frage der Berücksichtigung von Mietvorauszahlungen geschlossen werden. ME muss die geleistete Vorauszahlung bei der Ermittlung des Rohertrags einbezogen werden, weil die niedrige Miete am Bewertungsstichtag nicht ohne die Vorauszahlung vereinbart worden wäre.
Rz. 20
H 14 des GV-Erlasses vom 5.5.2009 enthält zur Frage der Berücksichtigung von Mietvorauszahlungen das folgende Beispiel:
V vermietet als Eigentümer langfristig ein Geschäftsgrundstück.
Zwecks Finanzierung notwendiger Modernisierungsmaßnahmen vereinbaren die Vertragsparteien neben der Zahlung der monatlichen Miete iH von 2 000 EUR für den Zeitraum von 5 Jahren (60 Monaten) ab dem 1.2.2008 zusätzlich eine Vorauszahlung auf die erhöhte Miete. Diese beträgt nach Ablauf des Vorauszahlungszeitraums (1.2.2013) 2 500 EUR. Am 1.3.2009 verschenkt V dieses Grundstück.
Das vereinbarte Entgelt zum Bewertungsstichtag am 1.3.2009 ermittelt sich wie folgt:
vereinbarte monatliche Miete (2 000 EUR × 12) |
24 000 EUR |
vereinbarte Mietvorauszahlung (30 000 EUR/60 × 12) |
+ 6 000 EUR |
Entgelt nach § 186 Abs. 1 BewG |
30 000 EUR |
Rz. 21
Das Beispiel dürfte wohl so zu verstehen sein, dass die vereinbarte Mietvorauszahlung von 30 000 EUR bereits vor dem Bewertungsstichtag geleistet worden ist, wobei der Betrag von 30 000 EUR bei einer Vorauszahlung für einen Zeitraum von fünf Jahren einem monatlichen Erhöhungsbetrag von 500 EUR entspricht. Die Finanzverwaltung berücksichtigt die Vorauszahlung in dem Beispiel in der Weise, dass die Vorauszahlung einfach auf die Laufzeit verteilt wird. Eine Abzinsung erfolgt offenbar nicht. Dies erscheint in dem vorstehenden Beispiel im Ergebnis akzeptabel, weil mit der Vorauszahlung nach den vertraglichen Vereinbarungen bereits am Bewertungsstichtag eine Monatsmiete von 2 500 EUR maßgebend sein sollte, indem die nach Modernisierung zu zahlende erhöhte Miete von 2 500 EUR durch die Vorauszahlungsvereinbarung zeitlich vorgezogen wurde. Zwingend erscheint die fehlende Berücksichtigung der Zinsdifferenz jedoch nicht.
bb) Künftig feststehende Einmalzahlungen
Rz. 22
ME könnte eine andere Entscheidung zu treffen sein, wenn aufgrund vertraglicher Vereinbarungen in der Zukunft feste Zusatzbeträge zum ohnehin laufend geschuldeten Mietentgelt zu zahlen wären. Denn das erst in der Zukunft zu entrichtende Entgelt beeinflusst aufgrund seiner vertraglichen Vereinbarung bereits im Bewertungsstichtag die Höhe des Rohertrags. Jedoch entspricht dies mathematisch nicht dem Betrag, der sich ergibt, wenn das künftig zu entrichtende Einmalentgelt lediglich gleichmäßig auf die Laufzeit verteilt wird. Vielmehr erscheint es sachgerecht, wenn eine entsprechende Abzinsung unter Berücksichtigung der Laufzeit bis zur Fälligkeit erfolgt. Allerdings dürfte davon ausgegangen werden, dass in der Praxis regelmäßig auf eine derartige Abzinsung verzichtet wird. Dennoch übersteigt es mE nicht die an ein typisierendes Bewertungsverfahren zu stellenden Anforderungen, wenn das Zusatzentgelt auf den für den Rohertrag maßgebenden Zeitraum von 12 Monaten mathematisch umgerechnet wird.
cc) Beispiel zur gestaffelten Mietänderung
Rz. 23
H 14 des GV-Erlasses vom 5.5.2009 enthält zur gestaffelten Mietänderung das folgende Beispiel:
V vermietete als Eigentümer ab dem 1.6.2007 langfristig ein Laborgebäude mit einer Nutzfläche von 120 m[2]. Die vereinbarte monatliche Nettokaltmiete betrug 800 EUR. Zum jeweils 1.6. eines Jahres sieht der Mietvertrag eine Steigerung der vereinbarten Nettokaltmiete iH von 0,20 EUR je m[2]/Wohnfläche vor. Am 31.1.2009 verstarb V.
Das vereinbarte Entgelt zum Bewertungsstichtag am 31.1.2009 ermittelt sich wie folgt:
Vereinbarte monatliche Miete (800 EUR × 12) |
9 600 EUR |
Mietsteigerung zum 1.6.2008 (0,20 EUR × 120 m[2] × 12) |
+ 288 EUR |
Entgelt nach § 186 Abs. 1 BewG |
9 888 EUR |
Rz. 24
Aus dem Beispiel ist abzuleiten, dass die Finanzverwaltung die gestaffelte Mietänderung nur für ein Jahr berücksi...