Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Entscheidung über den Erlass
Rz. 19
Über den Erlass, der Teil des Erhebungsverfahren ist, entscheidet grds. die hebeberechtigte Gemeinde. In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg sowie für die Stadtgemeinde Bremen ist das Finanzamt als Landesfinanzbehörde für den Erlass zuständig. Über den Antrag auf Erlass kann die Behörde erst nach Ablauf des Kalenderjahres entscheiden, für das Grundsteuer festgesetzt worden ist. Die Erlasstatbestände der §§ 32–34 GrStG machen jeweils an wirtschaftlichen Verhältnissen des Erlasszeitraums fest, die von der zuständigen Behörde überprüft werden müssen.
Rz. 20
Die Erlassentscheidung ist eine gebundene Entscheidung., d.h. es besteht kein behördliches Ermessen. Das gilt für sämtliche Erlasstatbestände des IV. Abschnitts des GrStG. Die Erlassentscheidung setzt einen Antrag des Steuerschuldners voraus, der zur Ermittlung des Sachverhaltes verpflichtet ist. Über den Umfang der Ertragminderung besteht erst nach Ablauf des Jahre Gewissheit. Einen Antrag auf Erlass von Grundsteuern kann nur der Steuerschuldner, nicht aber der Erwerber des Grundstücks im Zwangsvollstreckungsverfahren stellen, der mit Duldungsbescheid des Finanzamts zur Zahlung der anteiligen Grundsteuer für den Zeitraum ab Zuschlag im Zwangsvollstreckungsverfahren verpflichtet wurde. § 33 Abs. 1 GrStG und § 34 Abs. 1 GrStG enthalten das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal, dass zum Kreis der Erlassberechtigten nur diejenigen gehören, denen der Erlass im Erlasszeitraum wirtschaftlich noch zugutekommen kann, was voraussetzt, dass deren wirtschaftliche Existenz im Erlasszeitraum noch nicht vernichtet ist.
Rz. 21
Die Erlassentscheidung führt zum Erlöschen der Grundsteuerschuld (§ 47 AO) und – soweit die Grundsteuer bereits entrichtet ist – zu einem sofort fälligen Erstattungsanspruch. Ein Anspruch auf Prozesszinsen nach § 236 Abs. 1 AO besteht nicht, wenn eine Steuer durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung im Erhebungsverfahren erlassen wird.
Rz. 22
Wird die GrSt gegenüber mehreren Gesamtschuldnern festgesetzt, so muss der Erlass gegenüber jedem Gesamtschuldner ausgesprochen werden, da der Erlass eine sog. Einzeltatsache i.S.v. § 44 Abs. 2 Satz 3 AO ist.
Rz. 23
Der Erlass der Grundsteuer ist antragsgebunden. Für die Anträge nach §§ 33, 34 GrStG muss für jeden Erlasszeitraum ein neuer Erlassantrag gestellt werden, für den die Verhältnisse im Erlasszeitraum maßgebend sind. In den Fällen des § 32 GrStG bedarf es nach § 35 Abs. 3 Satz 1 GrStG keiner jährlichen Wiederholung des Antrags. Hier bleibt ein einmal gestellter Antrag bestehen verbunden mit einer Verpflichtung zur Anzeige bei einer Änderung der maßgeblichen Verhältnisse.
Rz. 24– 25
Einstweilen frei.
II. Erlasszeitraum
Rz. 26
Die Festsetzung der Grundsteuer erfolgt nach § 27 Abs. 1 Satz 1 GrStG als Jahressteuer für das Kalenderjahr. Darüber hinaus kann die Grundsteuer nach § 27 Abs. 1 Satz 2 GrStG aber auch für mehr als ein Kalenderjahr festgesetzt werden, wenn die Gemeinde den Grundsteuerhebesatz für mehr als ein Kalenderjahr festgesetzt hat. Die Steuerfestsetzung ist dabei auf den Zeitraum beschränkt, für den der festgesetzte Hebesatz gültig ist (§ 27 GrStG Rz. 2). Der Erlasszeitraum ist nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GrStG das Kalenderjahr, für das die Grundsteuer festgesetzt worden ist. Maßgebend für die Erlassentscheidung sind nicht die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres, sondern die Verhältnisse während des Erlasszeitraums, sodass stets eine eigenständige Betrachtung erfolgt und die Voraussetzungen vollumfänglich geprüft werden müssen.
Rz. 27
In den Fällen der §§ 33, 34 GrStG, in denen ein Antrag auf Erlass der Grundsteuer aller Voraussicht nach zu erwarten ist, kann die Gemeinde die Grundsteuer nach § 222 AO bereits für den laufenden Erlasszeitraum stunden, um zu vermeiden, dass die Steuer zunächst entrichtet werden muss und nach Ablauf des Erlasszeitraums wieder erstattet wird. Mit dem Erlassantrag sollte gleichzeitig auch ein Stundungsantrag ...