I. Vorbemerkung
Rz. 16
Der nach den Vorschriften der §§ 78 bis 81 BewG errechnete Grundstückswert kann gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 BewG ermäßigt werden, wenn wertmindernde Umstände vorliegen, die sich weder in der Jahresrohmiete noch in der Höhe des Vervielfältigers ausgewirkt haben. Insgesamt dürfen im Rahmen des § 82 BewG nur solche besonderen Umstände berücksichtigt werden, die im Rahmen der pauschalisierten Wertermittlung vollständig bzw. teilweise nicht berücksichtigt worden sind. Die in § 82 Abs. 1 Satz 2 BewG erfolgte Darstellung der Kriterien ist ausdrücklich nur beispielhaft.
Rz. 17
Dem entsprechend können alle Umstände, die bereits bei der Bildung der Vervielfältiger berücksichtigt worden sind, keinen Abschlag nach den individuellen Gegebenheiten des einzelnen Falls begründen (vgl. § 80 BewG Rz. 1 ff.). Die Bewirtschaftungskosten sind bei Bildung des Vervielfältigers bereits berücksichtigt worden. Auch wenn es sich hierbei nur um Pauschsätze handelt, so entspricht es nicht dem Zweck des § 82 BewG, ein Abweichen der tatsächlichen Aufwendungen von diesen Pauschsätzen nach oben bzw. unten durch einen Abschlag oder Zuschlag auszugleichen.
Rz. 18
Was für die in den Vervielfältigern berücksichtigten wertmindernden bzw. werterhöhenden Umstände gilt, gilt entsprechend auch für Umstände, die sich auf die Höhe der Miete ausgewirkt haben (vgl. § 79 Rz. 1 ff.). Deshalb scheiden alle Umstände für einen Abschlag aus, die bereits in der Höhe der Miete – wenn auch nur zum Teil – ihren Ausdruck gefunden haben.
Rz. 19
Eine gesetzlich geregelte Ausnahme bildet die Möglichkeit einer – ebenfalls lediglich pauschalen – Ermäßigung bzw. Erhöhung des Grundstückswerts infolge außergewöhnlicher Grundsteuerbelastungen. Sachverhalte dieser Art fallen nicht unter die Ab- bzw. Zuschlagsregelung des § 82 BewG, da ansonsten die Sonderregelung in § 81 BewG für außergewöhnliche Grundsteuerbelastungen bedeutungslos wäre.
Rz. 20
Der Anwendungsbereich des § 82 BewG ist damit verhältnismäßig eng begrenzt. Im Wesentlichen wird die Anwendung der Vorschrift sich auf Umstände beschränken, die:
- bei der Vereinbarung der Miete nicht berücksichtigt wurden oder
- im Rahmen einer üblichen Miete aufgrund der besonderen und individuellen Umständen des einzelnen Grundstücks nicht berücksichtigt worden sind (z.B. Lage des Grundstücks in einem Sanierungsgebiet) oder
- auf einer seit dem Hauptfeststellungszeitpunkt eingetretenen berücksichtigungsfähigen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (z.B. späterer Bau oder Ausbau eines Flugplatzes, Bau neuer gewerblicher Anlagen mit außergewöhnlicher Lärmbelastung) beruhen.
Rz. 21
Ob bei der Bewertung des Grundstücks freie Mieten oder preisgebundene Mieten zugrunde gelegt werden, kann für die Anwendbarkeit des § 82 BewG von Bedeutung sein. Bei freien Mieten dürften die wertmindernden Umstände tendenziell eher in der Miethöhe zum Ausdruck kommen. Aber auch bei preisgebundenen Mieten können sich Umstände i.S.d. § 82 BewG im Einzelfall wertmindernd auf die Miete auswirken.
Rz. 22
Als wertmindernde Umstände kommen m.E. nicht nur solche Umstände in Betracht, die ihrer Art nach im Einzelfall bedeutsam sind. Vielmehr sollten grundsätzlich auch mehrere für sich genommen geringfügige Umstände berücksichtigungsfähig sein, wenn sich insgesamt eine Auswirkung auf die Bewertung des Grundstücks ergibt. Die beispielhafte Aufzählung der Kriterien in § 82 Abs. 1 Satz 2 BewG lässt eine solche Auslegung zu. Eine Ausnahme dazu lässt sich nur aus der ausdrücklichen Regelung des § 82 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BewG mit der gesetzlichen Forderung nach ungewöhnlich starken Beeinträchtigungen durch Lärm, Rauch oder Gerüche entnehmen.
Rz. 23
Im Fall einer geltend gemachten Wertminderung, die im Rahmen der Jahresrohmiete zum Feststellungszeitpunkt auch noch nicht berücksichtigt worden ist, ist es m.E. keine zusätzliche Voraussetzung für einen Bewertungsabschlag, dass sich die am Bewertungsstichtag zu zahlende Miete bei Fortdauer der Beeinträchtigung auch tatsächlich ermäßigen wird. Durch § 82 Abs. 1 BewG ist ein solches Erfordernis gerade nicht vorgesehen. Es wird insoweit für einen Bewertungsabschlag lediglich ein Umstand gefordert, der weder in der Höhe der Jahresrohmiete noch im Vervielfältiger Berücksichtigung gefunden hat. Wenn danach in diesen Fällen auch dem Grunde nach ein Abschlag zulässig ist, wird dieser ggf. an der fehlenden Wertminderung des Grundstücks scheitern. Dennoch sind Umstände denkbar, bei deren Vorliegen die Miete im Zeitablauf unverändert bleibt, der Verkehrswert des Grundstücks sich jedoch ermäßigt.
Rz. 24
§ 82 Abs. 1 Satz 1 BewG gewährt dem Grundstückseigentümer einen Rechtsanspruch auf einen Bewertungsabschlag, da insoweit durch § 82 Abs. 1 BewG der für die Bewertung zuständigen Behörde kein Ermessen hinsichtlich der Vornahme des Bewertungsabschlages eingeräumt wird. Auch bedarf es für einen Bewertungsabschlag keines g...