Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
I. Überblick
Rz. 16
Der Gebäudesachwert wird auf Grundlage des Gebäuderegelherstellungswerts ermittelt. Der Gebäuderegelherstellungswert ergibt sich aus der Multiplikation der maßgebenden Regelherstellungskosten (gewöhnliche Herstellungskosten; s. Rz. 30) mit dem maßgebenden Baupreisindex für Wohn- bzw. Nichtwohngebäude (s. Rz. 65) und der Brutto-Grundfläche des Gebäudes (s. Rz. 88). Die Regelherstellungskosten ergeben sich unter Berücksichtigung von Gebäudeart (s. Rz. 38) und Gebäudestandard (s. Rz. 50) aus Anlage 24, Teil II zum BewG.
Rz. 17
Zur Ermittlung des Gebäudesachwerts ist vom Gebäuderegelherstellungswert eine Alterswertminderung (s. Rz. 136) abzuziehen. Die Alterswertminderung bestimmt sich nach dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag und der typisierten wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes, die sich aus Anlage 22 zum BewG i.d.F. bis 31.12.2022 ergibt. Die Wertminderung wegen Alters ist im Ergebnis nunmehr auf 70 % begrenzt, weil der Gebäudesachwert nach § 190 Abs. 4 Satz 5 BewG i.d.F. bis 31.12.2022 regelmäßig mit mindestens 30 % des Gebäuderegelherstellungswerts anzusetzen ist. Vgl. zur schematischen Darstellung des für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2016 geltenden Sachwertverfahrens § 189 BewG Rz. 29.1.
Rz. 18
Im Einzelfall kann sich unter bestimmten Voraussetzungen die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängern oder verkürzen. In diesen Fällen ist das Baujahr des Gebäudes entsprechend (fiktiv) zu verschieben (vgl. dazu Rz. 150 ff.).
Rz. 19– 22
Einstweilen frei.
II. Regelherstellungskosten
1. Begriff
Rz. 23
Die Regelherstellungskosten (RHK) sind durch das Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2.11.2015 in das Bewertungsgesetz eingefügt worden. Sie sind in Anlage 24, Teil II zum BewG i.d.F. ab 1.1.2016 aufgeführt und gelten für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2016 (vgl. § 205 Abs. 10 BewG). Sie haben die für Bewertungsstichtage bis einschließlich 31.12.2015 geltenden Regelherstellungskosten 2010 abgelöst (vgl. dazu die Kommentierung zu § 190 BewG bis 31.12.2015 Rz. 14.1). Anders als bspw. die Gesamtnutzungsdauern der Anlage 22 BewG i.d.F. bis 31.12.2022 sind die RHK der Anlage 24, Teil II BewG auch der für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2023 geltenden Grundbesitzbewertung zugrunde zu legen.
Rz. 24
Die RHK wurden aus den Normalherstellungskosten des Jahres 2010 (NHK 2010) abgeleitet. Die NHK 2010 sind Bestandteil der ehemals für die Verkehrswertermittlung von Grundstücken maßgeblichen Sachwertrichtlinie vom 5.9.2012. Die Sachwertrichtlinie ist zwischenzeitlich in die neu konzipierte ImmoWertV 2021 vom 14.7.2021 integriert worden.
Rz. 25
Die RHK sind nicht die tatsächlichen, sondern die gewöhnlichen Herstellungskosten je Quadratmeter Brutto-Grundfläche. Sie berücksichtigen bereits die Baunebenkosten und die Umsatzsteuer.
Rz. 26
Die für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2016 geltenden RHK sind in der Anlage 24, Teil II zum BewG aufgeführt (s. Rz. 30 ff.). Sie sind unterteilt nach Grundstücksarten, Gebäudearten und Gebäudestandards.
Rz. 27
Die RHK werden mit dem maßgebenden Wert nach Anlage 24, Teil II zum BewG für jedes Bauteil je Quadratmeter Brutto-Grundfläche des Gebäudes angesetzt. Dies gilt selbst dann, wenn der Eigentümer zum Abzug der Vorsteuer berechtigt ist. Die Umsatzsteuer wird somit nicht aus den RHK herausgerechnet, denn die Berechtigung zum Vorsteuerabzug zählt zu den – nicht berücksichtigungsfähigen – ungewöhnlichen und persönlichen Verhältnissen i.S. des § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG.
Rz. 28
Die RHK stellen, ebenso wie die NHK 2010, Bundesmittelwerte dar. Es handelt sich somit um Durchschnittswerte für das gesamte Bundesgebiet. Die örtlichen Marktverhältnisse werden ausschließlich über die Anwendung der Wertzahl nach § 191 BewG (vgl. im Einzelnen § 191 BewG Rz. 9 ff.) berücksichtigt. Eine Regionalisierung der RHK mittels Regionalisierungs- und Ortsgrößenfaktoren erfolgt nicht.
Rz. 29
Es ist zu beachten, dass die RHK – anders als die RHK 2007 und die RHK 2010 – nicht mehr in Baujahrsgruppen aufgeteilt werden. Dem Baujahr kommt somit bei der Bestimmung der RHK keine besondere Bedeutung mehr zu. Gleichwohl kann das Baujahr bei der Bestimmung des Gebäudestandards (vgl. Rz. 50 ff.) hilfreich sein, weil bei einem neueren Gebäude der Gebäudestandard tendenziell höher als bei einem älteren Gebäude sein dürfte. Zudem ist das Baujahr für die Alterswertminderung maßgebend (vgl. Rz. 136 ff.).