Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
I. Dreistufiges Verfahren
Rz. 16
Der Ermittlung der Grundsteuer liegt ein dreistufiges Verfahren zu Grunde.
- In einem ersten Schritt stellt das zuständige Finanzamt den Grundsteuerwert des Grundstücks oder des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft fest (§ 2 GrStG).
- Der Grundsteuerwert wird in einem zweiten Schritt mit einer Steuermesszahl multipliziert (§§ 13 bis 24 GrStG).
- Das Ergebnis ist der Grundsteuermessbetrag, der ebenfalls durch das zuständige Finanzamt festzustellen ist. Auf den Steuermessbetrag wendet die jeweilige Gemeinde in einem dritten Schritt ihren Hebesatz (Prozentsatz) an.
Das Produkt aus Steuermesszahl und Hebesatz ist die (Jahres-)Grundsteuer (§§ 25 bis 31 GrStG).
Rz. 17
Den Gemeinden steht gemäß Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG das Recht zu, die Hebesätze für die Grundsteuer im Rahmen der Gesetze frei zu bestimmen und festzusetzen (Hebesatzautonomie). Diesem verfassungsrechtlichen Regelungsauftrag ist der Gesetzgeber nachgekommen. Das allgemeine Heberecht der Gemeinden ergibt sich aus § 1 GrStG. In § 25 Abs. 1 GrStG setzt der Gesetzgeber das Recht der Gemeinden auf Festsetzung der Hebesätze für die Grundsteuer um. Danach sind die Gemeinden berechtigt zu bestimmen, mit welchem Hundertsatz des Steuermessbetrags (§ 13 GrStG) oder des Zerlegungsanteils (§ 22 GrStG) die Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz).
II. Bekanntgabe der festgesetzten Hebesätze
Rz. 18
Die Entscheidung über die Festsetzung des Hebesatzes erfolgt entweder durch Gemeindebeschluss oder durch Satzungsentscheidung bzw. durch Gesetzesbeschluss in Stadtstaaten. Ein Gemeindebeschluss kann bspw. im Rahmen des Gesetzes zum Haushaltsplan gefasst werden. In welcher Form der Beschluss gefasst wird, ist relevant für die zeitliche Anwendbarkeit der festgelegten Hebesätze. Die Beschlüsse über die Hebesätze sind öffentlich bekannt zu geben. Die genaue Ausgestaltung der Festsetzung der Hebesätze ist abhängig von den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften, den sog. Kommunalabgabegesetzen:
Baden-Württemberg: |
Kommunalabgabengesetz (KAG) v. 17.3.2005 (GBl. 2005, 206), zuletzt geändert durch Gesetz v. 17.12.2020 (GBl. 2020, 1233, 1249). |
Bayern: |
Kommunalabgabengesetz (KAG) v. 4.4.1993 (GVBl. 1993, 264), zuletzt geändert durch Gesetz v. 19.2.2021 (GVBl. 2020, 40). |
Berlin: |
Gesetz über Gebühren und Beiträge v. 22.5.1957 (GVBl. 1957, 516), zuletzt geändert durch Gesetz v. 5.6.2019 (GVBl. 2019, 284). |
Brandenburg: |
Kommunalabgabengesetz (KAG) v. 31.3.2004 (GVBl. 2004, 174), zuletzt geändert durch Gesetz v. 19.6.2019 (GVBl. 1 2019, Nr. 36). |
Bremen: |
Bremisches Abgabengesetz v. 15.5.1962 (GBl. 1962, 139), zuletzt geändert durch Gesetz v. 14.11.2017 (GBl. 2017, 482, 485). |
Hamburg: |
Abgabengesetz v. 17.2.1976 (GVBl. 1976, 45), zuletzt geändert durch Gesetz v. 16.11.1999 (GVBl. 1999, 256, 258). |
Hessen: |
Gesetz über kommunale Abgaben (KAG) in der Fassung v. 24.3.2013 (GVBl. 2013, 134), zuletzt geändert durch Gesetz v. 28.5.2018 (GVBl. 2018, 247). |
Mecklenburg-Vorpommern: |
Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) in der Fassung v. 12.4.2005 (GVOBl. M-V 2005, 146), zuletzt geändert durch Gesetz v. 9.4.2020 (GVOBl. M-V, 166, 179). |
Niedersachsen: |
Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz (NKAG) in der Fassung v. 20.4.2017 (GVBl. 2017, 121), zuletzt geändert durch Gesetz v. 24.10.2019 (GVBl. 2019, 309). |
Nordrhein-Westfalen: |
Kommunalabgabengesetz (KAG) v. 21.10.1969 (GV.NRW 1969, 712), zuletzt geändert durch Gesetz v. 30.12.2019 (GV.NRW 2019, 1029). |
Rheinland-Pfalz: |
Kommunalabgabengesetz (KAG) v. 20.6.1995 (GVBl. 1995, 175), zuletzt geändert durch Gesetz v. 5.5.2020 (GVBl. 2020, 158). |
Saarland: |
Kommunalabgabengesetz (KAG) v. 29.5.1998 (ABl. 1998, 691), zuletzt geändert durch Gesetz v. 08./9.12.2020 (ABl. 2020, 1341). |
Sachsen: |
Sächsisches Kommunalabgabengesetz (SächsKAG) in der Fassung v. 9.3.2018 (GVBl. 2018, 116), zuletzt geändert durch Gesetz v. 5.4.2019 (GVBl. 2019, 245). |
Sachsen-Anhalt: |
Kommunalabgabengesetz (KAG-LSA) in der Fassung v. 13.12.1996 (GVBl. 1996, 405), zuletzt geändert durch Gesetz v. 15.12.2020 (GVBl. 2020, 712). |
Schleswig-Holstein: |
Kommunalabgabengesetz (KAG) in der Fassung v. 10.1.2005 (GVBl. 2005, 27), zuletzt geändert durch Gesetz v. 13.11.2019 (GVOBl. 2019, 425). |
Thüringen: |
Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG) in der Fassung v. 19.9.2000 (GVBl. 2000, 301), zuletzt geändert durch Gesetz v. 10.10.2019 (GVBl. 2019, 396). |
III. Ermessensspielraum der Kommunen
Rz. 19
Mit der Festsetzung der Hebesätze entscheidet die Kommune gleichzeitig über die Erhebung einer Grundsteuer dem Grunde nach. Hinsichtlich der Höhe der Hebesätze haben die Gemeinden einen weiten Ermessensspielraum. Seine Grenzen findet der Ermessensspielraum in § 26 GrStG sowie in den allgemeinen Grundsätzen des Steuer- und Haushaltsrechts.
Rz. 20
Zu den Ermessenseinschränkungen nach steuerrechtlichen Grundsätzen gehört das Gebot einer