Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Bebaute Grundstücke
Rz. 24
Der Erlasstatbestand bezieht sich auf Rohrertragsminderungen bei bebauten Grundstücken. Ausgeschlossen sind unbebaute Grundstücke, sodass der bewertungsrechtlichen Abgrenzung nach §§ 246, 248 BewG entscheidende Bedeutung zukommt. Maßgeblich ist die bewertungsrechtliche Artfeststellung. § 248 Satz 1 BewG enthält die Definition des Begriffs "bebautes Grundstück", die im Wesentlichen dem bei der Einheitsbewertung geltenden § 74 BewG entspricht (§ 248 Rz. 1). Danach liegt ein bebautes Grundstück vor, wenn sich auf dem Grundstück benutzbare Gebäude befinden. Bei einer Errichtung eines Gebäudes in Bauabschnitten ist der bezugsfertige Teil nach § 248 Satz 2 BewG als benutzbares Gebäude anzusehen. Auch dies entspricht der für die Einheitsbewertung geltenden Vorschrift § 74 Satz 2 BewG (§ 248 Rz. 2).
Für den Grundsteuerteilerlass nach § 34 Abs. 1 GrStG kommen vermietete, nicht gewerblich eigengenutzte und ungenutzte bebaute Grundstücke in Betracht.
Rz. 25
Unbebaut ist ein Grundstück, auf dem sich keine benutzbaren Gebäude befinden, wobei die Benutzbarkeit mit der Bezugsfertigkeit beginnt. Sind Gebäude vorhanden, die dauerhaft keiner Nutzung zugeführt werden können, beispielsweise, weil sie zerstört oder dem Verfall preisgegeben sind, führt dies nicht zu einer Änderung die Qualifikation des Objekts als unbebautes Grundstück.
II. Rohertrag
Rz. 26
Der Erlasstatbestand bezieht sich in erster Linie auf bebaute Grundstücke, die entgeltlich überlassen sind. Das sind Grundstücke, die vermietet bzw. nicht gewerblich eigengenutzt sind. Einzubeziehen sind aber auch bebaute Grundstücke, die benutzbar wären, aber ungenutzt sind. § 34 GrStG macht an einer maßgeblichen Minderung des tatsächlichen Rohertrags fest und leitet für zwei Schwellenwerte (>50 % und 100% Minderung) konkrete Rechtsansprüche auf Teilerlass der Grundsteuer ab. Im Unterschied zu § 33 GrStG stellt § 34 GrStG nicht auf den tatsächlichen Reinertrag, sondern auf den tatsächlichen Rohertrag als eine Bruttogröße ab, was nicht mit der Konzeption einer Sollertragsteuer übereinstimmt, die an den Grundbesitz mit der Möglichkeit einer ertragbringenden Nutzung und damit an eine Leistungsfähigkeit anknüpft, die sich erst nach Abzug von Aufwendungen ergibt.
Rz. 27
Der Begriff des normalen Rohertrags wird in § 34 Abs. 1 Satz 3 u. 4 GrStG als die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete definiert, die in Anlehnung an die Miete zu ermitteln ist, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Satz 5 schließt den Abzug von Betriebskosten aus. Der Steuerschuldner hat somit eine marktübliche Vergleichsmiete für das Objekt heranzuziehen. Maßgeblich ist auf die tatsächlichen Umstände, insb. auf die Beschaffenheit des Gebäudes abzustellen und nicht darauf, welche Miete hypothetisch zu erzielen wäre, wenn das Gebäude einer Sanierung unterzogen worden wäre oder einen solchen Ausbauzustand erreicht hätte, dass es vermietet werden könnte.
Rz. 28
Das Abstellen auf die übliche Jahresmiete soll zur Vereinfachung beitragen, denn mangels einer expliziten Festlegung zog man beim Teilerlass nach § 33 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 bisher die geschätzte übliche Jahresrohmiete nach § 79 Abs. 1 BewG heran. Maßgebend sind die Wertverhältnisse zum 1.1. des entsprechenden Jahres, also zu Beginn des Erlasszeitraums, sodass unterjährige Änderungen des Mietniveaus unbeachtlich sind.
Rz. 29
Zur Ermittlung der üblichen Jahresmiete sind folgende Merkmale relevant:
- Lage
- Grundstücksart (z.B. EFH, ZFH, Mietwohngrundstück, Geschäftsgrundstück)
- Baujahr des Gebäudes
- Nutzung des Grundstücks (z.B. Wohnzwecke, Lager, Produktion, Hotel)
- Ausstattung des Gebäudes oder der Räume
- Größe der Wohn- oder Nutzflächen.
Rz. 30
Zunächst wird man prüfen, ob tatsächlich gezahlte Mieten aus Vergleichsobjekten verfügbar sind. Dazu müssen die wesentlichen Objekteigenschaften übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, kann die übliche Jahresmiete anhand von Mietpreisspiegeln ermittelt werden, deren Aussagekraft von der Qualität im Einzelfall abhängt. Sind dort Unter- und Obergrenzen angegeben, empfiehlt es sich den Mittelwert anzusetzen, wenn keine besonderen Umstände vorliegen. Anstelle des arithmetischen Mittels sollte der Lageparameter Median verwendet werden. Der Median (Zentralwert) XMed ist die Merkmalsausprägung, bei der mindestens 50% aller Merkmalswerte kleiner oder gleich XMed und mindestens 50% aller Merkmalswerte größer oder gleich XMed sind. Während in das arithmetische Mittel alle Beobachtungswerte und damit auch extreme Werte an den Rändern eingehen, wird der Median durch Ausreißer nicht beeinflusst, da er nur die Reihenfolge, nicht ...