I. Überblick
Rz. 106
Von der Grundsteuer befreit sind ausschließlich die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–6 GrStG genannten Rechtsträger. Aufgrund des Ausnahmecharakters des § 3 GrStG handelt es sich dabei um einen durch zusätzliche gesetzliche Anforderungen begrenzten Kreis an begünstigten Rechtsträgern (subjektive Voraussetzung). Vor diesem Hintergrund eröffnet das Gesetz den Anwendungsbereich des § 3 GrStG für bestimmte öffentlich-rechtlich organisierte bzw. gemeinnützige Körperschaften und Vermögensmassen (Nr. 1 bis 3) sowie konkrete Religionsgesellschaften (Nr. 4 bis 6).
Rz. 107
Im Fall des nachträglichen Wegfalls der Voraussetzungen für eine Grundsteuerbefreiung gemäß den Katalogtatbeständen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–6 GrStG gilt allgemein Folgendes:
- Anzeigepflicht: Gemäß § 19 Abs. 1 GrStG ist jede Änderung in der Nutzung oder in den Eigentumsverhältnissen eines ganz oder teilweise von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes durch den Steuerschuldner anzuzeigen. Die Anzeige ist innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Änderung bei dem Finanzamt zu erstatten, das für die Festsetzung des Steuermessbetrags zuständig ist.
- Nachveranlagung: Im Fall der Nachfeststellung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 BewG bzw. § 223 Abs. 1 Nr. 2 BewG wird der Steuermeßbetrag auf den Nachfeststellungszeitpunkt nachträglich festgesetzt.
Rz. 108– 114
Einstweilen frei.
II. Grundbesitz, der durch einen inländischen öffentlichen Rechtsträger für einen öffentlichen Zweck genutzt wird (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1)
1. Öffentlicher Dienst oder Gebrauch
Rz. 115
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG befreit im Rahmen einer Grundsatz-Ausnahmeregelung solchen Grundbesitz von der Grundsteuer, der durch einen inländischen öffentlichen Rechtsträger für einen öffentlichen Zweck – öffentlicher Dienst oder Gebrauch i.S.d. § 3 Abs. 2 GrStG (Einzelheiten s. Rz. 591 ff.) – genutzt wird. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals Öffentlicher Dienst oder Gebrauch erfolgt eine inhaltliche Vorgabe durch die Legaldefinition in § 3 Abs. 2 GrStG. Nach dieser Vorschrift ist öffentlicher Dienst oder Gebrauch i.S.d. § 3 GrStG die hoheitliche Tätigkeit oder der bestimmungsgemäße Gebrauch durch die Allgemeinheit. Mit dem Sammelbegriff Öffentlicher Dienst oder Gebrauch soll die oft sehr schwierige Unterscheidung vermieden werden, ob im Einzelfall das eine oder andere vorliegt; denn beide Begriffe gehen ineinander über. Insb. darf gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 GrStG ein Entgelt für den Gebrauch durch die Allgemeinheit nicht in der Absicht, Gewinn zu erzielen, gefordert werden.
Rz. 116
Unter welchen konkreten Voraussetzungen ein Grundstück einem bestimmten öffentlichen Zweck dient oder dafür gebraucht wird, wird im GrStG nicht im Detail, auch nicht in § 3 Abs. 2 GrStG, geregelt. Allgemein kann unter öffentlichem Zweck jeder Gemeinwohlbelang, d.h. dem allgemeinen Wohl der Gesellschaft dienende Umstand subsumiert werden. Entscheidend sind damit für die Annahme des öffentlichen Zwecks über die Interessen des Einzelnen hinausgehende die Allgemeinheit betreffende Aspekte.
Rz. 117
Zur Erlangung der Grundsteuerbefreiung muss das Grundstück für eine hoheitliche Tätigkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG benutzt werden. Benutzung des Grundbesitzes bedeutet die Verwendung des Grundstücks für den der konkreten Liegenschaft von berechtigter Stelle zugewiesenen öffentlichen Zweck. Maßgeblich ist, dass das Grundstück im Ergebnis für einen vorab bestimmten Zweck tatsächlich genutzt wird, d.h. der Verwirklichung des Zwecks der hoheitlichen Tätigkeit bzw. dem dazu vorgesehenen Gebrauch dient (vgl. § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG). Eine besondere Qualifikation der Fläche durch Widmung als öffentliche Sache in einem vom öffentlichen Recht geprägten Sinne wird durch den Wortlaut des GrStG nicht gefordert.
Rz. 118
Die Befreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG tritt nach § 7 Satz 1 GrStG jedoch nur ein, wenn der Steuergegenstand für den steuerbegünstigten Zweck unmittelbar benutzt wird. Dies ist der Fall, wenn der Steuergegenstand tatsächlich dem öffentlichen Benutzungszweck zugeführt wird und eine zur faktischen Einheit führende enge Verbundenheit zwischen dem Steuergegenstand, der inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts als Person des Nutzenden und dem steuerbegünstigten Zweck besteht.
Rz. 119
Der Begriff Benutzen ist zusätzlich unter Einbeziehung des § 8 GrStG auszulegen. Handelt es sich im Verhältnis zum Gesamtobjekt des Grundbesitzes allenfalls um einen kleinen Teilbereich, der noch als steuerbegünstigte Nutzung angesehen werden kann, der aber nach der Regelung des § 8 Abs. 2 GrStG nicht die Steuerbegünstigung des Objekts begründen kann, scheidet die Annahme des Tatbestandsmerkmals aus. Auch die Tatsache, dass für die Verwaltung eines bislang für öffentliche Zwecke genutzten nunmehr aber leerstehenden Objekts Arbeitsstunden angefallen und Unterha...