I. Allgemeines
Rz. 4
Wenn der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG den Schwellenwert von 26 Mio. EUR überschreitet (Großerwerb) und der Erwerber keinen Antrag nach § 13c ErbStG gestellt hat, wird die Steuer ohne Verschonung für das begünstigte Vermögen festgesetzt. Auf Antrag des Erwerbers wird eine Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG durchgeführt. Diese kann zu einem teilweisen oder vollständigen Erlass der auf das begünstigte Vermögen entfallenden Steuer führen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Erwerber nachweist, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen i.S.d. § 28a Abs. 2 ErbStG zu begleichen. Nach § 28a Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuer also unter drei Voraussetzungen zu erlassen:
- Der Wert des Erwerbs überschreitet die 26 Mio.-Euro-Grenze nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG,
- der Erwerber weist nach, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen und
- der Erwerber stellt einen Antrag auf Erlass im Umfang seines Verschonungsbedarfs.
II. Verschonungsbedarfsprüfung
Rz. 5
Der Wert des begünstigten Vermögens muss die Grenze von 26 Mio. EUR überschreiten. Ein Überschreiten um einen Euro ist dabei grundsätzlich ausreichend (vorbehaltlich der Abrundung auf volle Einhundert Euro nach unten, § 10 Abs. 1 Satz 6 ErbStG). Bei der Ermittlung der Grenze sind mehrere Erwerbe begünstigten Vermögens innerhalb von zehn Jahren von derselben Person zusammenzurechnen (§ 13a Abs. 1 ErbStG). Für die Anwendung des § 28a ErbStG ist die auf das insgesamt erworbene begünstigte Vermögen entfallende Steuer maßgeblich.
Rz. 6
Erstmals für Erwerbe ab 1.7.2016 wird für den Erwerb von begünstigtem Vermögen (§ 13b Abs. 2 ErbStG) ein Abschlag von bis zu 30 % gewährt, wenn der Gesellschaftsvertrag eines Familienunternehmens bestimmte Beschränkungen enthält (Vorwegabschlag, im Einzelnen § 13a ErbStG Rz. 263 ff.). Der Vorwegabschlag kommt insbesondere nicht in Betracht bei einem Einzelunternehmen, bei Anteilen an einer Aktiengesellschaft, weil das Aktiengesetz keine entsprechenden Einschränkungen in der Satzung zulässt, in den Fällen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 und § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG, weil es sich nicht um einen Erwerb begünstigten Vermögens handelt. Klassische Rechtsformen derartiger Familienunternehmen in der Praxis sind die GmbH und die GmbH & Co. KG. Der Vorwegabschlag ist vorrangig vor Anwendung des Verschonungsabschlags nach § 13a Abs. 1 oder 10 bzw. § 13c ErbStG oder der Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG zu berücksichtigen. Daher ist der Wert des begünstigten Vermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG) vor der Prüfung des Schwellenwerts für Großerwerbe von 26 Mio. EUR (§ 13a Abs. 1 Satz 1 bis 3 ErbStG) stets um den sich im Einzelfall ergebenden Vorwegabschlag zu verringern.
Rz. 7
Ein Erwerber kann den Erlass nicht in Anspruch nehmen, soweit er verpflichtet ist, das begünstigte Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG aufgrund einer letztwilligen oder rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers auf einen Dritten zu übertragen, § 28a Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Letztwillige Verfügung ist das Testament, rechtsgeschäftliche Verfügung ist z.B. der Erbvertrag. Anwendungsfälle sind insbesondere
- Sachvermächtnisse, die auf begünstigtes Vermögen gerichtet sind,
- Vorausvermächtnisse, die auf begünstigtes Vermögen gerichtet sind,
- ein Schenkungsversprechen auf den Todesfall oder
- Auflagen des Erblassers, die auf die Weitergabe begünstigten Vermögens gerichtet sind.
Rz. 8
Sind Miterben aufgrund einer Teilungsanordnung des Erblassers verpflichtet, das begünstigte Vermögen auf einen Miterben zu übertragen, können die übertragenden Miterben die Befreiung nicht in Anspruch nehmen, § 28a Abs. 1 Satz 3 ErbStG. Das gilt unabhängig davon, wann die Auseinandersetzungsvereinbarung geschlossen wird.
Rz. 9
Überträgt ein Erbe erworbenes begünstigtes Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Dritten um den Wert des hingegebenen Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des übertragenen Vermögens, § 28a Abs. 1 Satz 4 ErbStG.
Rz. 10
Die Regelungen des § 28a Abs. 1 Satz 2 bis 4 ErbStG finden sich wortgleich in § 13a Abs. 5 Satz 1 bis 3 ErbStG und sind der Absicht der Gesetzgebers geschuldet, die Steuerbegünstigung bzw. Steuerverschonung nur demjenigen zugutekommen zu lassen, der das begünstigte Vermögen im Ergebnis auch tatsächlich erhält.
Rz. 11
Der Antrag nach § 13c Abs. 1 ErbStG ist unwiderruflich und schließt einen Antrag nach § 28a Abs. 1 ErbStG für denselben Erwerb aus (§ 13c Abs. 2 Satz 6 ErbStG). Der Antrag nach § 28a ErbStG ist hingegen widerruflich. Demzufolg...