Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 324
Zwar ähnelt die für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008 geltende Regelung des § 11 Abs. 2 BewG sehr der bisherigen Formulierung des § 98a BewG, wonach die "zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge" den Substanzwert bilden. Der Wortlaut des § 95 BewG hat sich hinsichtlich des Umfangs des Betriebsvermögens nicht geändert. Völlig unverändert verweist § 95 Abs. 1 BewG auf alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die das bewertungsrechtliche Betriebsvermögen umfassen.
Rz. 325
Obwohl der Wortlaut der maßgebenden Vorschriften nahezu unverändert ist, hat sich die Finanzverwaltung bereits im BV-Erlass vom 25.6.2009 für eine weite Auslegung des Umfangs des Betriebsvermögens entschieden.
Rz. 326
Abschn. 9 Abs. 2 BV-Erlass vom 25.6.2009 geht davon aus, dass bei bilanzierenden Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen die Anknüpfung an die Grundsätze der steuerlichen Gewinnermittlung regelmäßig zu einer Identität zwischen Steuerbilanz auf den Bewertungsstichtag oder den Schluss des letzten vor dem Bewertungsstichtag endenden Wirtschaftsjahr und dem bewertungsrechtlichen Betriebsvermögen führt. Dennoch wird der Grundsatz der Bestandsidentität nicht nur bei den gesetzlich konkret genannten Ausnahmen, sondern bei Bewertungsstichtagen nach dem 31.12.2008 nach der Auffassung der Finanzverwaltung auch bei anderen Ansätzen wie beispielsweise bei selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder bei Drohverlustrückstellungen durchbrochen. Mit den ErbStR 2011 ist diese Auffassung übernommen worden.
Rz. 327
Abschn. 4 Abs. 3 Satz 2 BV-Erlass vom 25.6.2009 regelt, dass aktive und passive Wirtschaftsgüter auch dann dem Grunde nach zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen gehören, wenn für sie ein steuerliches Aktivierungs- oder Passivierungsverbot besteht. Damit ist die bisher grundsätzlich maßgebende enge Bindung an die Steuerbilanz für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008 aufgegeben worden und daher weit auszulegen. Mit den ErbStR 2011 ist diese Auffassung übernommen worden.
Rz. 328
Bei dieser Entscheidung war zweifellos auch ausschlaggebend, dass nach der Gesetzesbegründung in den Fällen der zum Bewertungsstichtag feststehenden Liquidation des Gewerbebetriebs als besondere Ausprägung des Substanzwerts der Liquidationswert angesetzt werden kann. Dementsprechend wäre es nicht sachgerecht, die Bindung an die steuerbilanzielle Behandlung zu eng auszulegen. Zwar hat die Finanzverwaltung die Möglichkeit des Ansatzes des Liquidationswerts nicht in den BV-Erlass vom 25.6.2009 aufgenommen. Die ErbStR 2011 enthalten – klarstellend – den Hinweis, dass bei Einzelunternehmen, Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften, die sich in Liquidation befinden, keine Bedenken bestehen, den Liquidationswert anzusetzen. Dabei sind auch Liquidationskosten, die beispielsweise für einen Sozialplan anfallen, wertmindernd abzuziehen.
Rz. 329
Dennoch erscheint die weite Auslegung des Umfangs der zum Betriebsvermögen gehörenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter im Ergebnis angesichts des nahezu unveränderten Gesetzeswortlauts nicht zwingend.
Rz. 330– 333
Einstweilen frei.