Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 90
Nicht jede Wertabweichung führt zu einer Fortschreibung des Einheitswerts. Die Wertabweichung muss vielmehr ein bestimmtes Ausmaß erreichen. Dieses Ausmaß wird durch die Festlegung bestimmter Wertgrenzen nach oben oder unten definiert.
Rz. 91
Im § 22 Abs. 1 BewG werden drei Wertgrenzen unterschieden. Dabei handelt es sich um eine Bruchteilsgrenze, eine Mindestgrenze und eine feste Grenze. Danach wird der Einheitswert des inländischen Grundbesitzes fortgeschrieben, wenn der neue Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahrs ergibt, entweder nach oben um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 5 000 DM, oder um mehr als 100 000 DM, nach unten um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 500 DM, oder um mehr als 5 000 DM von dem zuletzt festgestellten Einheitswert abweicht.
Rz. 92
Zwischen der Bruchteilsgrenze und der festen Grenze einerseits und der Mindestgrenze andererseits besteht insofern ein Unterschied, als die beiden ersten Grenzen überschritten sein müssen ("mehr als"), während die Mindestgrenze gerade erreicht sein muss ("mindestens"). Zu beachten ist, dass bei den Wertgrenzen nur zwei Alternativen bestehen: Es muss entweder die Bruchteilsgrenze und die Mindestgrenze erreicht sein oder die feste Grenze überschritten werden.
Rz. 93
Zur Prüfung der Frage, ob die maßgebenden Wertfortschreibungsgrenzen erreicht bzw. überschritten werden, musste bis zum 1.1.2001 ein Vergleich des neuen Werts mit dem zuletzt festgestellten Einheitswert vorgenommen werden. Dabei ist der neue Wert nach § 30 BewG beim Grundbesitz auf 100 DM nach unten abzurunden. Der zuletzt festgestellte Einheitswert ist bereits nach dieser Vorschrift abgerundet. Der Unterschied der abgerundeten Werte muss die Bruchteilsgrenze überschreiten und hierbei die Mindestgrenze erreichen oder die feste Grenze überschreiten. Die Bruchteilsgrenze ist stets auf den zuletzt festgestellten Einheitswert zu beziehen. Beträgt der nach § 30 BewG abgerundete neue Wert null DM, so war der Einheitswert nur dann auf null DM fortzuschreiben, wenn die Wertgrenzen des § 22 Abs. 1 BewG überschritten sind. Bei Wegfall der wirtschaftlichen Einheit gilt § 24 Abs. 1 Nr. 1 BewG.
Rz. 94
Aufgrund der Neufassung des § 22 Abs. 1 BewG durch das StEuglG sind ab dem 1.1.2002 als Vergleichsgrößen nicht mehr der bisherige Einheitswert und der nach § 30 abgerundete neue Wert maßgebend, sondern die in Deutscher Mark ermittelten und dann auf volle hundert Deutsche Mark abgerundeten Werte. Bei einer Wertfortschreibung werden die Wertgrenzen danach auch ab dem 1.1.2002 weiter nach den abgerundeten Beträgen in DM, nicht in Euro, berechnet.
Rz. 95
Diese Änderung trägt der Neufassung des § 30 BewG durch das StEuglG Rechnung. Danach werden nämlich die Einheitswerte auch in Zukunft in DM ermittelt und erst danach in Euro umgerechnet. Der Gesetzgeber wollte damit die Einheitlichkeit der Bewertung während des gesamten Hauptfeststellungszeitraums sicherstellen. Der zweite Grund, nämlich die Einheitsbewertung in absehbarer Zeit durch eine andere Bemessungsgrundlage zu ersetzen, war zwar zwischenzeitlich nicht mehr aktuell, dürfte jedoch aufgrund der beim BVerfG anhängigen Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung inzwischen wieder an Bedeutung gewonnen haben. S. dazu auch Anm. 29.
Rz. 96
Wie bereits ausgeführt ist beim inländischen Grundbesitz eine Erhöhung des Einheitswerts durch Wertfortschreibung dann vorzunehmen, wenn der auf 100 DM abgerundete Wert vom abgerundeten Wert des letzten Feststellungszeitpunkts nach oben um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 5 000 DM, oder um mehr als 100 000 DM abweicht. Die Mindestgrenze von 5 000 DM hat nur bei Einheitswerten bis zu 50 000 DM eine praktische Bedeutung, weil bei höheren Einheitswerten der zehnte Teil des Einheitswerts immer die Mindestgrenze übersteigt. Die feste Grenze von 100 000 DM kommt erst bei Einheitswerten über 1 000 000 DM in Betracht; denn nur bei so hohen Einheitswerten kann die feste Grenze von mehr als 100 000 DM überschritten sein, ohne dass die Bruchteilsgrenze überschritten wird.
Rz. 97
Beispiele:
a) Letzter Wert 30 200 DM, neuer Wert 34 500 DM. Die Wertabweichung von 4 300 DM beträgt zwar mehr als den zehnten Teil des letzten Einheitswerts von 30 200 DM (= 3 020 DM), erreicht aber nicht die Mindestgrenze von 5 000 DM. Die Wertfortschreibung ist nicht zulässig.
b) Letzter Wert 45 400 DM, neuer Wert 50 600 DM. Die Wertabweichung von 5 200 DM beträgt mehr als den zehnten Teil des letzten Einheitswerts von 45 400 DM (= 4 540 DM) und erreicht auch die Mindestgrenze von 5 000 DM. Die Wertfortschreibung ist erforderlich.
c) Letzter Wert 1 150 300 DM, neuer Wert 1 260 100 DM. Die Wertabweichung von 109 800 DM beträgt zwar weniger als den zehnten Teil des letzten Einheitswerts von 1 150 300 DM (= 115 030 DM), sie übersteigt aber die feste Grenze von 100 000 DM. Die Wertfortschreibung ist ...