Rz. 158
Verpflichtet sich der Schuldner gegenüber seinem Vertragspartner zur Auszahlung einer Lebensversicherung oder Leibrente an einen Dritten, erwirbt der Begünstigte den Zahlungsanspruch unmittelbar nach Maßgabe der Vereinbarungen im Deckungsverhältnis (§ 330 Satz 1 BGB). Gleiches gilt grundsätzlich nach § 330 Satz 2 BGB, wenn – häufig bei Vermögensübertragungen in Gestaltung vorweggenommener Erbfolge – dem Vermögenserwerber (Schuldner) Versorgungsleistungen, insbesondere Abfindungs- oder Gleichstellungszahlungen, zugunsten anderer Personen bzw. die partielle Weiterübertragung des Erwerbsgegenstands auferlegt werden. Für Zwecke des ErbStG können jedoch beide Zuwendungsvarianten unterschiedlich zu beurteilen sein:
- So entsteht die Schenkungsteuer für den Erwerb des Dritten bei versprochenen Abfindungen und Gleichstellungszahlungen oder bei der Verpflichtung zur Weiterübertragung des Vermögens grundsätzlich sofort. In derartigen Fällen wird der Bedachte regelmäßig bereits durch den Erwerb des Anspruchs bereichert (s. auch Anm. 24).
- Ebenso wird man die Vereinbarung einer Leibrente behandeln können, wenn der Zahlungsanspruch – auch – einem Dritten zusteht. Meist ist es den Beteiligten nicht bewusst, dass gerade die zugunsten naher Angehöriger oft gewählte Gesamtgläubigerschaft (§ 428 BGB) schon eine schenkungsteuerbare Vermögensmehrung bewirkt.
Rz. 159
Räumt der Schenker dem Bedachten ein Bezugsrecht auf seine Kapitallebensversicherung ein, kommt es i.d.R. erst mit Eintritt des Versicherungsfalls (§ 166 Abs. 2 VVG a.F.; nunmehr § 159 Abs. 2, 3 VVG n.F.), u.U. aber auch erst mit Fälligkeit der Versicherungsleistung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG, § 11 Abs. 1 VVG a.F./§ 14 Abs. 1 VVG n.F.), zur Ausführung der Zuwendung. Kann der Begünstigte allerdings (noch) nicht über den Anspruch frei verfügen, weil z.B. die Verpflichtung des Schuldners nur den Charakter einer Auflage hat oder lediglich aufschiebend bedingt erfüllt werden soll, wird der Erwerb stets mit der geschuldeten Leistung vollzogen; § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG dürfte einschlägig sein.
Rz. 160
Beachten Sie: Der durch die Bezugsrechtseinräumung vermittelte Erwerbsgegenstand ist zivilrechtlich nicht einfach zu greifen: das Bezugsrecht selbst, die gezahlten Versicherungsprämien, der Anspruch auf oder aber die ausgezahlte Versicherungssumme? Für Zwecke der Schenkungsteuer identifiziert der II. BFH-Senat sowohl die "Ansprüche ..." als auch die "Ablaufleistungen aus den Lebensversicherungsverträgen" und liefert für beides passende Argumente: Der Erwerber ist gegenständlich erst in Gestalt der tatsächlich ausgezahlten Beträge bereichert, wenn die Einräumung eines Bezugsrechts als zunächst noch nicht steuerbare Abtretung künftiger, durch den Versicherungsfall aufschiebend bedingter, Forderungen behandelt wird. Betont man hingegen die speziell durch § 166 Abs. 1 VVG a.F./§ 159 Abs. 1 VVG n.F. ergänzte Zweifelsregelung des § 330 Satz 1 BGB, stellt der mit dem Eintritt des Versicherungsfalls entstehende Zahlungsanspruch den Erwerbsgegenstand dar. Seit der Neufassung des VVG mit Wirksamkeit ab 1.1.2008 ist nunmehr zwar gesetzlich geregelt, dass ein widerruflich bezugsberechtigter Dritter erst mit Eintritt des Versicherungsfalls (§ 159 Abs. 2 VVG) den Anspruch auf die Versicherungsleistung erwirbt und eine unwiderruflich bezugsberechtigte Person bereits mit ihrer Bezeichnung als Bezugsberechtigter – eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Versicherer – anspruchsberechtigt wird (§ 159 Abs. 3 VVG). In beiden Varianten entsteht der Schenkungsteueranspruch aber noch nicht vor Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalls (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG), denn selbst bei Unwiderruflichkeit seiner Bezugsberechtigung kann der Begünstigte zunächst noch keine gesicherte Rechtsposition erwerben.
Rz. 161
Einstweilen frei.