Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Überblick
Rz. 35
Anzeigepflichtig ist sowohl nach Abs. 1 als auch nach Abs. 2 derjenige, der nach § 10 GrStG als Steuerschuldner (s. die Kommentierung zu § 10 GrStG) in Betracht kommt. Steuerschuldner der Grundsteuer ist nach § 10 GrStG derjenige, dem der Steuerwert bei der Feststellung des Grundsteuerwerts zugerechnet worden ist. Das ist grundsätzlich der zivilrechtliche Eigentümer, in Ausnahmefällen der wirtschaftliche Eigentümer. Ist der Steuergegenstand mehreren Personen zugerechnet, sind sie nach § 10 Abs. 2 GrStG Gesamtschuldner. Jedes Zurechnungssubjekt ist anzeigepflichtig, wobei die Anzeige des einen für alle anderen wirkt. Die umfassenden Anzeigepflichten stellen Herausforderungen für die Steuerabteilungen von Unternehmen dar, denen mit einem etablierten TaxCMS begegnet werden kann.
Rz. 36
Der Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung im Grundbuch hängt von Umständen ab, die nicht im Machtbereich der Vertragsparteien liegen. Deshalb wird vertraglich regelmäßig ein abweichender Zeitpunkt des Nutzen-/Lastenwechsels vereinbart und damit der Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO festgelegt. Der bisherige Eigentümer kann das Grundstück bis zu dem vereinbarten Zeitpunkt nutzen. Da es für die Voraussetzungen der Steuerbegünstigungen auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt, muss dem Veräußerer bis zu diesem Zeitpunkt auch eine eventuelle Steuerbefreiung zustehen. Umgekehrt steht dem Erwerber ab Übergang des Nutzen-/Lastenwechsels die Steuerbefreiung des Veräußerers nicht mehr zu. Daraus folgt, dass sich die Anzeigepflicht nach dem wirtschaftlichen und nicht nach dem zivilrechtlichen Eigentum richtet.
Rz. 37– 38
Einstweilen frei.
II. Nutzungsänderung ohne Eigentumswechsel
Rz. 39
Bei einer reinen Nutzungsänderung ist nur der (wirtschaftliche) Eigentümer des Grundstücks anzeigepflichtig. Er hat die Kenntnis von der Nutzung des Grundstücks. Die Anzeigepflicht entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die tatsächliche Nutzungsänderung eintritt. In diesem Zeitpunkt beginnt die Dreimonatsfrist (s. dazu unten unter D).
Rz. 40
Beispiel:
Eine Gemeinde nutzt ein Bürogebäude für Zwecke der Gemeindeverwaltung. Nachdem die Verwaltung in ein neues Gebäude umgezogen ist, vermietet sie das Gebäude an gewerbliche Mieter. Die Gemeinde ist verpflichtet, die Änderung der Nutzung nach § 19 GrStG innerhalb von drei Monaten ab Beginn der Vermietung an die gewerblichen Mieter anzuzeigen. Die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG ist entfallen, weil der Grundbesitz nicht mehr für einen öffentlichen Gebrauch genutzt wird.
Rz. 41– 42
Einstweilen frei.
III. Nutzungsänderung im Zusammenhang mit einem Eigentümerwechsel
Rz. 43
Erfolgt die Nutzungsänderung durch den Erwerber des Grundstücks, ist fraglich, wen die Anzeigepflicht der Nutzungsänderung trifft. Den Veräußerer kann die Anzeigepflicht kaum treffen, weil er keine Kenntnis von der beabsichtigten zukünftigen Nutzung des Erwerbers hat. Ihn trifft diesbezüglich auch keine Ermittlungspflicht.
Rz. 44
Der Erwerber hat normalerweise ebenfalls keine Kenntnis davon, ob der Veräußerer das Grundstück ganz oder teilweise zu steuerbegünstigten Zwecken genutzt hat. Haben bei ihm zu keinem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung vorgelegen, wird aber trotzdem kein Grundsteuermessbetrag gegen ihn festgesetzt, so trifft ihn weder eine Anzeigepflicht nach § 19 GrStG, weil er keine Kenntnis von der Nutzungsänderung hat, noch eine Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 2 AO, weil keine zunächst bestehende Steuerbefreiung nachträglich weggefallen ist. Sollte der Erwerber allerdings von der Nutzung des Grundstücks durch den Veräußerer und der Steuerbefreiung Kenntnis gehabt haben, besteht die Anzeigeflicht deshalb, weil die Vorschrift den Kreis der Anzeigeverpflichteten auch auf Personen ausdehnt, die als Steuerpflichtige "in Betracht kommen".
Rz. 45
Trotz der bestehenden Anzeigepflicht wird sich dieser Konflikt nur über den Amtsermittlungsgrundsatz des § 88 AO lösen lassen. Das Finanzamt wird den zukünftigen Eigentümer und Steuerschuldner im Fall einer Steuerbefreiung des Voreigentümers nach seiner Nutzungsabsicht befragen müssen. Andernfalls wird es die Steuerbefreiung gegenüber dem Erwerber zunächst versagen und einen Grundsteuermessbetrag gegen ihn festsetzen müssen. Der Steuerpflichtige hat nunmehr Gelegenheit, die Voraussetzungen der Steuerbefreiung im Rechtsbehelfsverfahren geltend zu machen.
Rz. 46– 47
Einstweilen frei.