aa) Ertragswertverfahren

 

Rz. 35

[Autor/Stand] Bei den im Ertragswertverfahren zu bewertenden bebauten Grundstücken gehört zu den Wertverhältnissen das im Hauptfeststellungszeitpunkt geltende Mietwertniveau. Das ist in § 79 Abs. 5 BewG zusätzlich zu § 27 BewG noch einmal ausdrücklich ausgesprochen. Das Mietwertniveau wird also während eines ganzen Hauptfeststellungszeitraums beibehalten. Änderungen in der Miethöhe führen deshalb ohne Rücksicht darauf, ob sie etwa durch eine allgemeine gesetzliche Neuregelung des Mietrechts oder durch private Vereinbarung ausgelöst werden, nicht zu einer Wertfortschreibung. Eine Mietänderung kann nur dann zu einer Wertfortschreibung führen, wenn die Mietänderung in einer Änderung des tatsächlichen Zustandes des Grundstücks, z.B. in seinen baulichen Verhältnissen, begründet liegt (Begründung zu § 27 BewG, s. Anm. 2). Bei einer Wertfortschreibung eines bebauten Grundstücks ist somit nicht die tatsächlich zu zahlende Miete, sondern die Miete anzusetzen, die für das Grundstück am 1.1.1964 unter Berücksichtigung seines Zustandes im Fortschreibungszeitpunkt zu zahlen gewesen wäre.[2] Da sich dies infolge des Zeitablaufs heute nicht mehr feststellen lässt, sind in aller Regel die von den Finanzämtern aufgestellten Mietspiegel maßgebend (s. § 79 BewG Anm. 77 f.).

 

Rz. 36

[Autor/Stand] Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gehören folgende Umstände zu den sonstigen (tatsächlichen) Verhältnissen, die bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen zu berücksichtigen sind:

  • der Wegfall der Eigenschaft "öffentlich gefördert" und der damit verbundene Fortfall der Mietpreisbindung[4]; s. auch § 79 BewG Anm. 44 und 88.
  • der Wegfall der Grundsteuervergünstigung[5];
  • der Widerruf der Anerkennung als grundsteuerbegünstigtes Wohngrundstück[6].

In allen diesen Fällen ist in der Praxis die Spiegelmiete für freifinanzierte Grundstücke anzusetzen.

 

Rz. 37

[Autor/Stand] Dagegen gehört zu den unveränderlichen Wertverhältnissen das im Hauptfeststellungszeitpunkt geltende Mietpreisgefüge, zu dem auch die zu diesem Zeitpunkt bekannten Formen der öffentlichen Förderung des Wohnungsbaus rechnen. Deshalb bleiben bei der Ermittlung der üblichen (Spiegel-)Miete Förderungsmöglichkeiten – im konkreten Fall Aufwendungsdarlehen nach dem so genannten zweiten Förderungsweg –, die am Hauptfeststellungszeitpunkt noch nicht bestanden und deshalb die Mieten noch nicht beeinflussen konnten, unberücksichtigt[8].

 

Rz. 38

[Autor/Stand] Zu den unveränderlichen Bewertungsfaktoren gehören auch die Vervielfältiger nach § 80 BewG und den Anlagen 3 bis 8 zu § 80 BewG, die Einwohnerzahl der Belegenheitsgemeinde am 1.1.1964, das Baujahr des Gebäudes sowie die Einordnung der Gemeinden aufgrund der LänderVO nach § 80 Abs. 2 BewG (s. § 80 BewG Anm. 6–11). Eine Änderung der Einwohnerzahl nach dem 1.1.1964 bleibt deshalb unbeachtlich (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 2 BewG, Abschn. 6 Abs. 5 Fortschreibungs-Richtlinien).

 

Rz. 39

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

bb) Sachwertverfahren

 

Rz. 40

[Autor/Stand] Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG vorliegen und statt des grundsätzlich anzuwendenden Ertragswertverfahrens das Sachwertverfahren anzuwenden ist, ist eine Frage der Wertverhältnisse, für die auf die Verhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt (1.1.1964) abzustellen ist. Hierzu gehört auch das Merkmal der "wesentlichen Unterscheidung" i.S.d. § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG. Dementsprechend ist nicht darauf abzustellen, ob das maßgebliche Gebäude sich wesentlich von den zeitgleich gebauten und im Ertragswertverfahren bewerteten Objekten unterscheidet.[12]

Bei der Bewertung im Sachwertverfahren (§ 76 Abs. 2 BewG) beruhen alle Bewertungsfaktoren auf den Wertverhältnissen vom 1.1.1964 und sind deshalb im Hauptfeststellungszeitraum unverändert zu lassen, die nicht ausschließlich das einzelne Grundstück oder eine abgrenzbare Gruppe von Grundstücken betreffen. Zu diesen nicht veränderlichen Werten gehören die in den Anlagen 13 bis 16 zu Abschn. 38 BewRGr festgelegten Durchschnittswerte für Raummeterpreise einschließlich der dort wiedergegebenen Ausstattungsmerkmale[13], die Bodenwerte nach § 84 BewG, die Durchschnittswerte für die Außenanlagen (s. § 89 BewG Anm. 21) sowie die Wertzahlen nach § 90 BewG und der dazu ergangenen VO. Der Steuerpflichtige kann mit Rücksicht auf § 27 BewG auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Bewertung seines Geschäftsgrundstücks im Sachwertverfahren sei zu hoch, nur weil er einen niedrigeren Kaufpreis gezahlt hat. Ein Kaufpreis, der lange nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt vereinbart wird, besagt nichts über den Grundstückswert nach den maßgebenden Wertverhältnissen am 1.1.1964.[14]

 

Rz. 41

[Autor/Stand] Dagegen gehören individuelle Mängel oder Vorzüge des einzelnen Grundstücks zu den tatsächlichen Verhältnissen; nur sie können zu Zu- oder Abschlägen nach §§ 87, 88 BewG führen. Wegen der Wertminderung wegen Alters s. § 86 BewG Anm. 3.

 

Rz. 42

[Autor/Stand] Ob ein Ein- oder Zweifamilienhaus i.S.d. § 76 Abs. 3 Nr. 1 Be...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge