Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
I. Allgemeines
Rz. 25
§ 6 GrStG erfasst nur bestimmte Befreiungsgründe. Die umfangreichen Tatbestände der §§ 3 und 4 GrStG werden nur in bestimmten Fällen für den land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitz übernommen. So sind z.B. die Befreiungstatbestände, die sich allein am Rechtsträger (vgl. § 3 GrStG) orientieren, im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung nur unter zusätzlichen Voraussetzungen anzuwenden. Aus dem Katalog der Steuerbefreiungen nach § 4 GrStG sind nur die unter 1 bis 4 erwähnten Sachverhalte einschlägig.
Rz. 26
Das führt z.B. dazu, dass das Fischgewässer eines als gemeinnützig anerkannten und damit steuerbegünstigten Sportfischereivereins nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 6 GrStG von der Grundsteuer befreit werden kann, da das Gewässer zur übrigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung i.S.d. § 234 Abs. 1e BewG gehört. Keine Grundsteuerfreiheit besteht auch für Kleingartenvereine. Diese sind zwar ebenfalls nach § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO als steuerbegünstigt anerkannt. Die genutzte Fläche stellt aber nach § 240 BewG regelmäßig einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dar, so dass sich eine mögliche Befreiung gleichfalls nach § 6 GrStG und nicht nach § 3 GrStG richtet.
Rz. 27
Auch in den Fällen, in denen ein Grundstück erkennbar begünstigten Zwecken i.S.d. § 3 GrStG dient, kann sich eine Steuerbefreiung nur nach § 6 GrStG ergeben, wenn die zu beurteilende Fläche land- und forstwirtschaftlich genutzt wird. So ist z.B. die Gärtnerei einer Einrichtung eines Landschaftsverbandes nach § 6 GrStG zu beurteilen, auch wenn die Fläche nur zur Beschäftigung dort untergebrachten Personen dient und die Erzeugnisse weitaus überwiegend in der eigenen Krankenanstalt zum Ausschmücken der Zimmer und Flure verwandt werden. Die Einrichtung selbst ist grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 GrStG von der Grundsteuer befreit. Das gilt aber nicht für die land- und forstwirtschaftliche Fläche, zu der auch eine Gärtnerei gehört (vgl. § 234 Abs. 1 Nr. 1d GrStG).
Rz. 28– 30
Einstweilen frei.
II. Lehr- und Versuchszwecke (§ 6 Nr. 1 GrStG)
Rz. 31
Land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundbesitz bleibt steuerfrei, wenn er Lehr- oder Versuchszwecken dient. Zusätzliche Voraussetzung ist aber, dass es sich bei dem Eigentümer der Fläche um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, eine gemeinnützige Körperschaft oder eine Religionsgemeinschaft handelt. Allerdings ist hier zu beachten, dass über § 4 Nr. 5 GrStG grundsätzlich auch die Flächen von privaten Eigentümern begünstigt sein können, wenn sie für Zwecke des Unterrichts und der Wissenschaft verwendet werden.
Rz. 32
Daraus ist zu schließen, dass grundsätzlich auch die privaten Eigentümer von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen in den Genuss der Steuerbefreiung nach § 6 Nr. 1 GrStG kommen können. Die Hürden sind allerdings recht hoch und setzen vor allem voraus, dass der begünstigte Zweck über eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachgewiesen wird, dass der Benutzungszweck im Rahmen der öffentlichen Aufgaben liegt. Der Grundbesitz muss zudem vom Eigentümer selbst für die begünstigten Zwecke genutzt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 4 GrStG verwiesen.
Rz. 33
Unter den Begriff "Lernzwecke" sind alle Maßnahmen und Institutionen zu verstehen, die der Ausbildung oder Fortbildung dienen. Hierzu gehören z.B. Landwirtschaftsschulen oder Betriebe, die einen oder mehrere landwirtschaftliche Lehrlinge oder Praktikanten beschäftigen. Auch Botanische Gärten und Freiwildgehege können hierunter subsumiert werden. Kein begünstigter Zweck liegt hingegen vor, wenn die Tätigkeit nicht der Ausbildung oder Fortbildung, sondern der allgemeinen Erziehung dient. Siehe dazu auch Abschn. 22 GrStR.
Rz. 34
Unter dem Begriff "Versuchszwecke" sind im Regelfall Forschungsanstalten und Versuchsgüter zu subsumieren, die von öffentlich-rechtlichen Körperschaften betrieben werden und neben Labor- und Unterrichtsräumen auch größere Flächen für Freilandversuche vorhalten. Betreiber sind dabei neben Bund und Ländern auch landwirtschaftliche Universitäten.
Rz. 35
Bei den Versuchen auf den Gebieten der Pflanzenzucht, des Pflanzenbaus, des Pflanzenschutzes, der Pflanzenernährung usw. ist die praxisnahe Durchführung, d. h. die Eingliederung der Versuche in eine normale Fruchtfolge, von großer Bedeutung. Vielfach sind auch Untersuchungen der Vorfrucht und Nachfruchtwirkungen erforderlich. Es ist daher nicht nur die tatsächlich nachhaltig genutzte Versuchsfläche, sondern auch die Fläche befreit, die unter Berücksichtigung der Fruchtfolge für eine praxisnahe Durchführung der Versuche zwingend erforderlich ist (Rotationsfläche).
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