Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Verfahrensrechtliche Einordnung
Rz. 61
Das Lagefinanzamt setzt den Steuermessbetrag im Steuermessbescheid fest (§ 184 Abs. 1 AO). Dabei wird auch über die persönliche und sachliche Steuerpflicht entschieden. Während die persönliche Steuerpflicht die Frage betrifft, wer die Steuer schuldet, erfasst die sachliche Steuerpflicht die Feststellung des Steuergegenstandes. Der Steuermessbescheid trifft keine Entscheidung über den Steuergläubiger. Der Steuermessbescheid entfaltet Bindungswirkung i.S.d. § 351 Abs. 2 AO AO nur hinsichtlich der Festsetzung des Messbetrags, nicht jedoch hinsichtlich der (nachrichtlichen) Benennung der hebeberechtigten Gemeinde.
II. Inhalt und Bindungswirkung
Rz. 62
Der Grundsteuermessbescheid muss den Grundsteuermessbetrag der Höhe nach angeben (§ 184 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO), außerdem mit dem Einheitswert bzw. Grundsteuerwert und der Steuermesszahl die wesentlichen Berechnungsgrundlagen (§ 121 Abs. 1 AO). Er entfaltet nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO Bindungswirkung für den Grundsteuerbescheid als Folgebescheid, auch wenn er noch nicht unanfechtbar ist. § 182 Abs. 2 und § 183 AO sind für Grundsteuermessbescheide sinngemäß anzuwenden (§ 184 Abs. 1 Satz 4 AO). Die Grundsteuer ist auf Grund des Messbescheides noch nicht zu entrichten, weil dieser kein Leistungsgebot enthält. Dies ergibt sich erst aus dem nachfolgenden Grundsteuerbescheid.
III. Wirkung gegenüber dem Rechtsnachfolger
Rz. 63
Nach § 184 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 182 Abs. 2 Satz 2 AO wirkt ein Grundsteuermessbescheid auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, auf den der Grundbesitz nach dem Veranlagungszeitpunkt übergegangen ist (sog. dingliche Wirkung). Der notwendige Inhalt des Grundsteuermessbescheids – der Grundsteuermessbetrag, der Einheitswert und die Steuermesszahl als seine wesentlichen Berechnungsgrundlagen sowie die Angabe des Steuerschuldners – bindet auch den Rechtsnachfolger. Eine Neuveranlagung nach einer Zurechnungsfortschreibung beschränkt sich daher auf die Bestimmung des neuen Steuerschuldners.
IV. Abweichende Festsetzung
Rz. 64
Die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen, schließt auch die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO ein, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, der obersten Bundesfinanzbehörde oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind. Im Hinblick auf die Festsetzung von Grundsteuermessbeträgen fehlen aber bislang solche Grundlagen, sodass das Lagefinanzamt keine Billigkeitsmaßnahmen durchführen kann. Zu Billigkeitsmaßnahmen der Gemeinden vgl. die Kommentierung zu § 33 GrStG.
V. Rechtsbehelf
Rz. 65
Gegen den Grundsteuermessbescheid ist als Rechtsbehelf der Einspruch i.S.d. § 348 AO zulässig. Es kann sich um einen Bescheid im Rahmen einer Hauptveranlagung, einer Neuveranlagung oder Nachveranlagung handeln. Allerdings sind die Möglichkeiten des Rechtsbehelfs begrenzt, da der bei der Messbetragsveranlagung zu Grunde gelegte Einheitswert bzw. Grundsteuerwert nicht angefochten werden kann. Der Einheitswertbescheid bzw. der Bescheid über den Grundsteuerwert ist Grundlagenbescheid, während der Messbetragsbescheid als Folgebescheid (§ 171 Abs. 10 AO) zu kennzeichnen ist. Einwendungen gegen Wert, Art und Zurechnung sind nach § 351 Abs. 2 AO gegenüber dem Grundlagenbescheid vorzubringen. Werden diese gegenüber dem Grundsteuermessbescheid vorgebracht, so ist der Einspruch gem. § 358 Satz 2 AO als unzulässig zu verwerfen. Wird der Grundlagenbescheid aufgehoben oder geändert, führt dies zwingend zu einer Änderung des Folgebescheids nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO.
Rz. 66
Die Finanzbehörden teilen den Inhalt des Steuermessbescheids nach § 184 Abs. 3 AO den Gemeinden mit, denen die Grundsteuerfestsetzung obliegt. Erst dadurch können die Gemeinden Grundsteuerbescheide erlassen. Bindungswirkung hat die Mitteilung nicht. Sie ist eine rein technische Informationsweitergabe, die von Seiten des Steuerpflichtigen nicht angegriffen werden kann. In Zerlegungsfällen (§§ 22, 23 GrStG) ist den beteiligten Gemeinden nur der Inhalt des Zerlegungsbescheides bekannt zu gegeben, soweit er für sie von Bedeutung ist.
Rz. 67– 68
Einstweilen frei.