Rz. 16
Da die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Festsetzung der Steuermessbeträge mit den entsprechenden Vorschriften über die Feststellung von Grundsteuerwerten korrespondieren müssen, sieht § 17 GrStG entsprechende Neuveranlagungen vor. Eine Neuveranlagung nach § 17 Abs. 1 GrStG setzt stets eine Fortschreibung des Grundsteuerwerts voraus.
Rz. 17
Der Grundsteuermessbetrag wird gemäß § 17 Abs. 1 GrStG neu festgesetzt, wenn im Bundesmodell eine Wertfortschreibung i.S.d. § 222 Abs. 1 BewG, eine Artfortschreibung oder eine Zurechnungsfortschreibung i.S.d. § 222 Abs. 2 BewG durchgeführt worden ist, also der Grundsteuermessbetrag an den geänderten bzw. fortgeschriebenen Grundsteuerwert anzupassen ist oder der Grundsteuermessbetrag gegenüber einem neuen Grundstückseigentümer bekanntzugeben ist. Diese Festsetzung wird als Neuveranlagung bezeichnet.
Rz. 18
Die Norm des § 222 BewG regelt bei der Grundsteuerbewertung, wann es zwischen zwei Hauptfeststellungen zu Fortschreibungen kommt.
Rz. 19
Nach § 222 Abs. 1 BewG ist eine Wertfortschreibung vom Lagefinanzamt durchzuführen, wenn der in Euro ermittelte und auf volle 100 Euro abgerundete Grundsteuerwert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunkts nach oben oder unten um mehr als 15.000 Euro abweicht. Die Abweichung von 15.000 Euro beim Grundsteuerwert entspricht nach der Gesetzesbegründung durchschnittlich einer Differenz von rund 20 Euro bei der Grundsteuer. Dabei hat der Gesetzgeber offenbar einen durchschnittlichen Hebesatz von ca. 392 % unterstellt. Tatsächlich betrug der durchschnittliche Hebesatz im Jahr 2018 bei der Grundsteuer B (Grundvermögen) nach Angaben des Statistischen Bundesamts (DESTATIS) bereits 472 %, Tendenz steigend. Bei der Grundsteuer A betrug der durchschnittliche Hebesatz lt. DESTATIS 339 %. Anders als noch bei der Einheitsbewertung (vgl. § 22 Abs. 1 BewG) wird bei der Grundsteuerbewertung auf unterschiedliche Wertfortschreibungsgrenzen in Abhängigkeit danach, ob es sich um eine Abweichung zu Gunsten oder zu Lasten des Steuerpflichtigen handelt, verzichtet.
Rz. 19.1
Beispiel:
Bei einem Einfamilienhaus wird im Jahr 2026 ein Anbau vorgenommen, der zum 1.1.2027 zu einer Wertfortschreibung des Grundsteuerwerts nach § 222 Abs. 1 BewG führt.
Aufgrund der Wertfortschreibung des Grundsteuerwerts ist auch eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags nach § 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 GrStG auf den 1.1.2027 durchzuführen.
Rz. 20
Eine Art- oder Zurechnungsfortschreibung wird gemäß § 222 Abs. 2 BewG durchgeführt, wenn über die Art oder Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit eine neue Feststellung getroffen wird, d.h. Art oder Zurechnung von der zuletzt getroffenen Feststellung abweicht. Voraussetzung ist zudem, dass die Feststellung für die Besteuerung von Bedeutung ist.
Rz. 21
Eine Artfortschreibung wird beispielsweise durchgeführt, wenn sich infolge einer Nutzungsänderung die Grundstücksart ändert. Die Änderung der Grundstücksart kann wiederum dazu führen, dass ein anderes Bewertungsverfahren greift und sich folglich ein anderer Grundsteuerwert und Steuermessbetrag ergeben. Dies wäre z.B. bei einem Mietwohngrundstück i.S.d. § 249 Abs. 4 BewG der Fall, bei dem die unteren Wohnungen in Geschäftsräume umgewandelt werden und infolge der Nutzungsänderung nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzfläche nunmehr ein gemischt genutztes Grundstück i.S.d. § 249 Abs. 8 BewG vorliegt. Während das Mietwohngrundstück nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 BewG im Ertragswertverfahren zu bewerten war, ist das gemischt genutzte Grundstück nunmehr im Sachwertverfahren zu bewerten, § 250 Abs. 3 Nr. 2 BewG. Zudem gelten für Wohn- und Nichtwohngrundstücke gem. § 15 Abs. 1 GrStG unterschiedliche Grundsteuermesszahlen. Dadurch werden Grundsteuerwert und Steuermessbetrag auch in ihrer Höhe verändert. Artfortschreibung (sowie ggf. Wertfortschreibung) und Neuveranlagung werden auf den 1.1. des folgenden Kalenderjahres durchgeführt.
Rz. 21.1
Beispiel:
Ein Zweifamilienhaus wird im Jahr 2027 aufgestockt und beinhaltet im Anschluss drei abgeschlossene Wohnungen. Die Wertfortschreibungsgrenzen sind überschritten.
Aufgrund der Aufstockung und der dadurch hinzugekommenen Wohnung entsteht aus dem bewertungsrechtlichen Zweifamilienhaus ein Mietwohngrundstück. Da zudem die Wertfortschreibungsgrenzen überschritten sind, ist eine Wert- und Artfortschreibung nach § 222 Abs. 1 und 2 BewG auf den 1.1.2028 vorzunehmen.
Aufgrund der Wert- und Artfortschreibung ist auch eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags nach § 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 GrStG auf den 1.1.2028 durchzuführen.
Rz. 22
Anders als bei einer Wert- oder Artfortschreibung beschränkt sich die Änderung bei einer Zurechnungsfortschreibung grds. auf die Bestimmung des neuen Grundstückseigentümers bzw. Steuerschuldners (vgl. A 17 Abs. 1 Satz 4 AEGrStG); der Grundsteuerwe...