Rz. 83
Sind die Gegen-/Leistungen nicht synallagmatisch verbunden, können sie konditional – d.h. bedingungsmäßig i.S.d. § 158 BGB – oder kausal – d.h. nicht etwa ursächlich, sondern im Sinne einer Zweckabrede oder Geschäftsgrundlage für den Zuwender – miteinander verknüpft sein. Hierbei bestehen keine wechselseitig voneinander abhängigen Leistungsverpflichtungen/-ansprüche. Vielmehr kann der Empfänger der ersten Leistung völlig frei entscheiden, ob und inwieweit er die ihm erkennbare Bedingung oder Erwartung des zunächst vorleistenden Partners erfüllen will. Beachten Sie: Als belohnende Zuwendung wäre seine "Gegenleistung" allerdings schenkungsteuerbar (§ 7 Abs. 4 ErbStG – s. Rz. 422).
Rz. 84
Einschlägige Sachverhalte sind selbstverständlich nach den üblichen Kriterien zu beurteilen, d.h. nach Maßgabe des Zivilrechts und unter besonderer Beachtung des Bereicherungs- und des Stichtagsprinzips.
Beispiel
E war Eigentümer eines unbebauten Grundstücks, das H mit einem Gebäude bebaut hatte. Nach Fertigstellung des Objekts übertrug E das Gebäudegrundstück an H ohne Gegenleistung.
Objektiv wurde hier zunächst E unentgeltlich bereichert (§ 94 Abs. 1, § 946 BGB). Eine rechtswirksame Entgeltvereinbarung fehlt (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) und wenn die Gebäudeerrichtung nicht als Schenkung i.S.d. § 516 Abs. 1, § 518 Abs. 2 BGB zu verstehen war, belastete ihn eine eventuelle Ausgleichsverbindlichkeit nach § 951 Abs. 1, § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB nur potenziell. Die spätere Übertragung des Objekts an H geschah jedenfalls hinsichtlich des auf Grund und Boden entfallenden Werts der Immobilie unentgeltlich, im Hinblick auf den Gebäudewert jedoch entgeltlich, wenn dadurch die Bebauung des Grundstücks durch H von E in Erfüllung einer entsprechenden Zweckabrede nachträglich vergütet wurde (s. auch Rz. 86, 411). Rückwirkend entfällt damit konsequent auch die Steuerbarkeit der Errichtung des Gebäudes.
Rz. 85
Wenn erst die spätere (Gegen-)Leistung des Zuwendungsempfängers eine (teilweise) Entgeltlichkeit beider Leistungen bewirken kann, wird die Vorleistung, die hier gerade nicht nach dem Zug-um-Zug-Prinzip eine Gegenleistung(sverpflichtung) auslöst, von vornherein objektiv unentgeltlich erbracht. Allein die bloße Möglichkeit künftig einschlägiger Ansprüche i.S.d. §§ 313, 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB genügt zur Annahme der Entgeltlichkeit nicht; sie können grundsätzlich auch enttäuschten Schenkern zustehen. Weiß der Vorleistende im schenkungsteuerlich entscheidenden Zeitpunkt der Ausführung seiner Leistung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), dass er noch keinen Rechtsanspruch auf die erhoffte, künftige Gegenleistung hat, handelt er in konsequenter Anwendung des Stichtagsprinzips freigebig, zumal § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG weder einen Bereicherungs- noch einen Schenkungswillen verlangt und bloße Erwartungen, Motive und Zweckvorstellungen die Steuerbarkeit der Zuwendung regelmäßig nicht tangieren.
Rz. 86
Zur Annahme einer rechtlichen Verknüpfung genügen einseitige Vorstellungen jedenfalls nicht. Fehlt eine klare vertragliche Einigung, bedarf es zur Entgeltlichkeit – nachweislich – einer entsprechenden Willensübereinstimmung der Beteiligten über die bedingungsmäßige Verbindung ihrer Leistungen bzw. des Einverständnisses des Leistungsempfängers mit den Zweckvorstellungen des vorleistenden Partners. Der Schluss auf eine kausale Zweckabrede mag gerechtfertigt sein, wenn der Leistungsempfänger die ihm zuerst erbrachte Leistung in Kenntnis der mit ihr verfolgten Zwecke des Leistenden widerspruchslos entgegennimmt und erst recht, wenn er sie tatsächlich zweckentsprechend verwendet und eventuelle Rückforderungsansprüche dadurch erlöschen oder erst gar nicht entstehen; deshalb werden Vermögensübertragungen an Treuhänder (s. Rz. 50) grundsätzlich entgeltlich vorgenommen. Dass dann aber bei Ausbleiben des beabsichtigten Erfolgs die Nichtgeltendmachung einschlägiger Ausgleichs- oder Bereicherungsansprüche zur Unentgeltlichkeit und so – ex tunc oder ex nunc? – doch zur Schenkungsteuerbarkeit der Bereicherung führen soll, muss sich in der Praxis noch erweisen. Beachten Sie: Die Abgrenzung zwischen kausal entgeltlicher Leistung und steuerbarer Zweckschenkung ist im Einzelfall schwierig (s. Rz. 431). Diametral unterschiedlich werden vereinszweckfördernde und gesellschaftszweckfördernde Leistungen von Vereinsmitgliedern und Kapitalgesellschaftern beurteilt (s. Rz. 432).
Rz. 87
Als Grenzfall stellt sich die durch Urteil erzwungene Vergütung unentgeltlicher Dienstleistungen dar, die in Erwartung einer später nicht erfolgten Vermögensübertragung erbracht wurden. Obwohl der im Prozess unterlegene Beklagte nicht freigebig zahlt, bewirkt dies keine nachträgliche Entgeltlichkeit der Dienstleistungen; schließlich haben die Beteiligten bewusst auf eine Entgeltvereinbarung verzichtet. Der damit ursprünglich ent...