Rz. 161
Die Gesetzesbegründung zu § 247 Abs. 3 BewG lautet:
"... Die Befugnis zur Ableitung des Werts des unbebauten Grundstücks aus den Werten vergleichbarer Flächen, wenn die Gutachterausschüsse in Ausnahmefällen keine Bodenrichtwerte ermittelt haben, stellt – wie in § 179 Satz 4 BewG – eine vollständige Bewertung aller wirtschaftlichen Einheiten sicher ..."
Rz. 162
Wird von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 ff. BauGB kein Bodenrichtwert für ein Grundstück ermittelt, ist gemäß § 247 Abs. 3 BewG der Wert des unbebauten Grundstücks aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten. Grundsätzlich sind die Grundstückswerte aus den zur Verfügung stehenden Bodenrichtwerten zu ermitteln. In Einzelfällen kann es vorkommen, dass die Werte mangels Verkäufe in der maßgeblichen Richtwertzone nicht ermittelt werden können. Für diese Fälle enthält § 247 Abs. 3 BewG eine Öffnungsklausel, wonach eine Ableitung des Werts des unbebauten Grundstücks aus den Werten vergleichbarer Flächen vorzunehmen ist.
Rz. 163
Unerheblich ist, aus welchem Grund der Gutachterausschuss im Einzelfall keine Ermittlung des Bodenrichtwerts vorgenommen hat. Es kommt daher nicht darauf an, ob insoweit eine Pflichtverletzung des zuständigen Gutachterausschusses hinsichtlich eines nicht ermittelten Bodenrichtwerts vorliegt.
Rz. 164
§ 247 Abs. 3 BewG enthält einen bloßen rechtlichen Hinweis auf die ausnahmsweise bestehende Möglichkeit der Verwendung von Werten vergleichbarer Grundstücke. Die Vorschrift enthält jedoch keine dahingehenden Vorgaben, welche Grundsätze bei der Ermittlung der Werte vergleichbarer Grundstück zu berücksichtigen sind. Die fehlende Reglementierung der Ermittlung vergleichbarer Werte beinhaltet eine Streitanfälligkeit, die im Widerspruch zu der mit dem typisierten Verfahren verfolgten vereinfachten Wertermittlung des Grundbesitzes für Zwecke der Grundsteuer steht.
Rz. 165
De Finanzverwaltung hat sich im Gegensatz zu § 247 Abs. 1 BewG in den Fällen eines nicht existierenden Bodenrichtwerts mit individuellen Aspekten des Grundstücks auseinander zu setzen. Aus Sicht des Gesetzgebers ist es nachvollziehbar, dass die Regelung des § 247 Abs. 3 BewG keine mit § 247 Abs. 1 BewG vergleichbare Beschränkung gemäß § 247 Abs. 1 Satz 2 BewG enthält. Die Ermittlung bzw. Verwendung eines vergleichbaren Wertes erfordert hinsichtlich dessen Bestimmung Flexibilität im Einzelfall, welches durch die Berücksichtigung von diversen Aspekten des Grundbesitzes möglich wird.
Rz. 166
Der Umstand, dass die Bewertung des Grundbesitzes nach § 247 Abs. 1 BewG bzw. § 247 Abs. 3 BewG auf voneinander abweichenden Bewertungsansätzen erfolgt, führt nicht dazu, dass die Regelung des § 247 BewG gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG festgelegten Gleichheitsgrundsatz verstößt. Das gesetzliche Bedürfnis sämtliche Grundstücke für Zwecke der Grundsteuer zu besteuern, macht es erforderlich, eine grundsätzlich übereinstimmende Bewertungsmethode anzuwenden. Sowohl § 247 Abs. 1 BewG als auch § 247 Abs. 3 BewG beruhen auf der sog. Vergleichswertmethode. Eine Besonderheit besteht lediglich darin, dass bei § 247 Abs. 3 BewG im Einzelfall ein erhöhter Anpassungsbedarf infolge einer erheblichen Abweichung zum Vergleichsgrundstück bestehen kann.
Rz. 167
Die gesetzliche Regelung des § 247 Abs. 3 BewG für den Fall des fehlenden Bodenrichtwerts eröffnet aufgrund seiner kurz und einfach gehaltenen Fassung einen weiten Fragenkreis. Der Verweis auf die Verwendung von Werten vergleichbarer Grundstücke erfordert im Ergebnis die Ermittlung bzw. Schätzung des gemeinen Werts i.S.d. § 9 BewG, auch wenn insoweit kein ausdrücklicher Verweis in § 247 Abs. 3 BewG erfolgt. Dafür spricht, dass die Wertermittlung für Grundbesitz für Zwecke der Grundsteuer strukturell auf die Verwendung aktueller Grundstückswerte angelegt ist. Grundsätzlich kann damit die durch die Finanzrechtsprechung und Finanzverwaltung zu § 9 BewG erfolgten Ausführungen im Rahmen des § 247 Abs. 3 BewG verwendet werden. Nicht erforderlich ist eine ausschließliche Orientierung bei der Wertermittlung an vergleichbaren Bodenrichtwerten.
Rz. 168
Der gemeine Wert ist nach der Begriffsbestimmung des § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für ein Wirtschaftsgut nach seiner Beschaffenheit unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände erzielbare Verkaufspreis, wobei ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen sind. Veräußerungskosten sind bei der Wertermittlung im Allgemeinen unbeachtlich, da der gemeine Wert dem Veräußerungspreis und nicht dem aus der Veräußerung erzielbaren Gewinn entspricht. Ausgangspunkt jeder Bewertung ist ein gedachter potentieller Käufer, der an dem Erwerb des Wirtschaftsguts in seiner konkreten Beschaffenheit mit der vorgesehenen Verwertungsmöglichkeit interessiert ist und die Bereitschaft hat, einen angemessenen, dem inneren Wert entsprechenden...