Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 64
Die Finanzverwaltung kann nach Abschn. 19 Abs. 6 BV-Erlass vom 25.6.2009 von dem im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelten Wert nur abweichen, wenn es die Feststellungslast für die Ermittlung eines abweichenden Werts trägt.
Rz. 65
Diese Regelung entspricht – jedenfalls für Bewertungsstichtage vor dem 1.7.2011 – dem Verständnis der Finanzverwaltung, nach der § 199 BewG nicht als Wahlrecht zugunsten des Steuerzahlers zu verstehen ist. Vielmehr leitet die Finanzverwaltung – für Bewertungsstichtage vor dem 1.7.2011 – aus dem Wortlaut der Vorschrift ab, dass die Finanzämter die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens ablehnen können, um eine alternative Bewertungsmethode anzuwenden. Von dieser Möglichkeit haben die Finanzämter in der Praxis angesichts des erheblichen Aufwands nur selten Gebrauch gemacht.
Rz. 66
Auch für den Steuerzahler ergibt sich nach der Auffassung der Finanzverwaltung im Ergebnis eine relativ starke Bindung an das vereinfachte Ertragswertverfahren. Denn die Möglichkeit, dass die im vereinfachten Ertragswertverfahren vorgesehenen Typisierungen zu einem Wert führen, der höher oder niedriger als der tatsächliche gemeine Wert ist, schließt die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens nicht aus. Dementsprechend regelt Abschn. 19 Abs. 7 BV-Erlass vom 25.6.2009, dass der Steuerpflichtige – jedenfalls für Bewertungsstichtage vor dem 1.7.2011 – die Feststellungslast für die Ermittlung eines abweichenden Werts trägt, wenn er von dem im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelten Wert abweichen will.
Rz. 67
Dies hat in der Praxis dazu geführt, dass das vereinfachte Ertragswertverfahren immer dann zum Regelverfahren wird, wenn entweder die Finanzverwaltung oder der Steuerzahler den Aufwand für die Ermittlung des gemeinen Werts nach einer gängigen Methode einer Unternehmensbewertung scheuen.
Rz. 68
Unter Berücksichtigung der Kosten, die dem Steuerzahler für ein entsprechendes Wertgutachten entstehen, dürfte damit zu rechnen sein, dass der im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte gemeine Wert letztlich bei der Veranlagung zur Erbschaft-/Schenkungsteuer als Bemessungsgrundlage angesetzt wird. Dies ist insbesondere dann wahrscheinlich, wenn der Steuerzahler mit der Regelverschonung von 85 % rechnen kann (§§ 13a, 13b ErbStG a.F.), weil sich die Veränderung des gemeinen Werts durch ein Wertgutachten lediglich zu 15 % steuerlich auswirken würde. In den Fällen der Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. dürfte mit einem Streit über die Höhe der Bemessungsgrundlage des betrieblichen Vermögens äußerst selten zu rechnen sein, weil die Bemessungsgrundlage in diesen Fällen lediglich im Fall der Nachversteuerung bedeutsam ist.
Rz. 69– 71
Einstweilen frei.