I. Festlegung eines relativen Höchstbetrages
Rz. 171
§ 86 Abs. 3 BewG stellt eine Regel für die Begrenzung der Höhe des altersbedingten Bewertungsabschlages bei der Wertermittlung im Rahmen des Sachwertverfahrens in Form der Festlegung eines relativen Höchstbetrages auf (§ 86 Abs. 3 Satz 1 BewG). Für außergewöhnliche Wertminderung darf jedoch von dieser Regel abgewichen werden (§ 86 Abs. 3 Satz 2 BewG).
Rz. 172
Bei einer im Rahmen des § 129 Abs. 2 BewG erforderlichen Schätzung des Einheitswerts findet § 86 Abs. 3 BewG keine Anwendung. § 129 Abs. 2 BewG und die dort in Bezug genommenen Vorschriften enthalten keine ausdrückliche Regelung über den Höchstsatz einer Wertminderung wegen Alters. Die unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 3 BewG ist durch den Eingangssatz des § 129 Abs. 2 BewG ausdrücklich ausgeschlossen.
Rz. 173– 175
Einstweilen frei.
II. Grundsatz (Abs. 3 Satz 1)
Rz. 176
Als Höchstbetrag der Wertminderung wegen Alters darf gem. § 86 Abs. 3 BewG insgesamt kein höherer Betrag abgesetzt werden, als sich bei einem Alter von 70 % der Lebensdauer ergibt (sog. Restwert). Mit dieser Regelung wird jedoch kein allgemein zu berücksichtigendes Höchstalter bei der Wertminderung nach § 86 BewG vorgeschrieben. Maßgeblich ist vielmehr ein individueller prozentualer Anteil an der unterstellten – typisierten – Lebensdauer des Gebäudes. Das bedeutet, dass der nach Abzug der altersbedingten Wertminderung verbleibende Wert 30 % des Gebäudenormalherstellungswerts nicht unterschreiten darf.
Beispiel
Nach § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG darf jedoch höchstens der Betrag abgesetzt werden, der sich bei einem Alter von 70 % der gewöhnlichen Lebensdauer – hier 80 Jahre – ergibt; das sind 70 % von 80 Jahren, d.h. 56 Jahre.
Zulässiger Prozentsatz: 56 × 1,25 = 70 %.
Rz. 177
Die Vorschrift des § 86 Abs. 3 BewG entsprach bis zum BewG 1965 der bisherigen Verwaltungspraxis. Nach der amtlichen Begründung zum Entwurf soll eine solche Handhabung sowohl vom technischen als auch vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus gerechtfertigt sein. Es soll der Erfahrung entsprechen, dass bei noch in Benutzung befindlichen Gebäuden i.d.R. noch mindestens 30 % des Gebäudenormalherstellungswerts bei einem Verkauf zu erzielen wären. Ausnahme hierzu soll sein, dass Baufälligkeit oder sehr starke nicht behebbare bauliche Mängel oder Schäden vorliegen, die die Lebensdauer beeinflussen.
Rz. 178– 185
Einstweilen frei.
III. Ausnahme (Abs. 3 Satz 2)
Rz. 186
§ 86 Abs. 3 Satz 2 BewG lässt eine Überschreitung des Satzes von 70 % für Wertminderung wegen Alters für den Fall einer außergewöhnlichen Wertminderung zu. Die BewRGr sehen diesen Fall bei nicht behebbaren Baumängeln und Bauschäden nur dann als gegeben an, wenn im Feststellungszeitpunkt feststeht, dass das Gebäude innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren abgebrochen werden muss. In dieser einschränkenden Weise mit einer ausschließlichen Orientierung an einem Zehnjahreszeitraum kann das Gesetz aber nicht ausgelegt werden. Zur Anwendung des § 86 Abs. 3 Satz 2 BewG wird man vielmehr wesentlich darauf abstellen müssen, ob das Gebäude wegen erheblicher nicht behebbarer Schäden derart an Wert verloren hat, dass ein Wertansatz von 30 % des Gebäudenormalherstellungswerts nicht mehr vertretbar ist, d.h. ein Wertminderungsansatz wegen Alters von 70 % des Gebäudenormalherstellungswerts zur Darstellung des einschlägigen Werts des Gebäudes nicht ausreicht. Ob diese Voraussetzung vorliegt, wird im Allgemeinen nur ein Sachverständiger beurteilen können. In der Literatur wird dazu zu Recht darauf hingewiesen, dass Abschn. 41 Abs. 9 BewRGr ohne erkennbaren Grund von der in Abschn. 31 Abs. 5 BewRGr für Ertragswertverfahren festgelegten Vorgehensweise abweicht. Im Rahmen des Ertragswertverfahrens soll nach Auffassung der Finanzverwaltung der Abschlag wegen außergewöhnlicher Wertminderung ohne Vorbedingungen vom jeweiligen Einzelfall abhängen.
Rz. 187
Wesentlich für eine Ausnahme von § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG ist in diesem Zusammenhang, dass die festgestellte relevante Wertminderung nicht auf einer herkömmlichen altersbedingten Wertminderung beruhen darf. Die Voraussetzung für ein Unterschreiten des Restwerts von 30 % wird insb. bei nicht mehr benutzbaren Gebäuden gegeben sein. Dabei kann die sic...