Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 27
Bereits § 143 Abs. 3 BewG sah vor, dass im Falle einer räumlichen Verbindung der Betriebswohnungen und das Wohnteils mit der Hofstelle, deren vorläufigen Werte um einen Abschlag von 15 % zu vermindern waren, um die dadurch bedingten Besonderheiten des Wohnens in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auszugleichen. Durch diesen Abschlag sollten vor allem die Nachteile, die sich aus der eingeschränkten Fungibilität für die auf der Hofstelle oder in deren unmittelbarer Nähe liegende Wohnung ergeben, abgegolten werden.
Rz. 28
Dieser Gedanke der eingeschränkten Verkehrsfähigkeit setzt sich nunmehr in § 167 Abs. 3 BewG fort. Damit nimmt der Gesetzgeber einen Abschlag auf den nach den Vorschriften über die Bewertung des Grundvermögens ermittelten Wert vor. Folglich ist zuerst der Wert nach den §§ 182 bis 196 BewG zu ermitteln und dieser Wert anschließend zu ermäßigen. Weitere Besonderheiten, wie z.B. Lärm- oder Geruchsbelästigungen sollen mit der Ermäßigung nicht aufgefangen werden, da sie schon im Rahmen der vorgeschalteten Bewertungsverfahren für das Grundvermögen berücksichtigt wurden. Die Ermäßigung von 15 % ist somit stets von dem ermittelten Vergleichs-, Ertrags- oder Sachwert vorzunehmen.
Rz. 29
Der Abschlag von 15 % ist jeweils getrennt und einzeln für die Betriebswohnungen und den Wohnteil zu berechnen. Soweit mehrere Wohneinheiten den Betriebswohnungen oder dem Wohnteil zuzurechnen sind, ist der Abschlag bei jeder zu bewertenden Einheit in Abzug zu bringen. Voraussetzung für den Abschlag ist jedoch immer die Verbindung des Wohnteiles und der Betriebswohnungen mit der Hofstelle.
Rz. 30
Der Begriff der Hofstelle ist im Bewertungsgesetz nicht definiert. Die Definition lässt sich jedoch aus der Rechtsprechung des BFH zu § 69 BewG herausarbeiten. Hofstelle ist danach diejenige Stelle, von der aus land- und forstwirtschaftliche Flächen ordnungsgemäß nachhaltig bewirtschaftet werden. Umfang und Ausstattung der Hofstelle richten sich grundsätzlich nach den Erfordernissen und der Größe der von dieser Stelle aus bewirtschafteten Flächen. Eine Hofstelle umfasst die Wirtschaftsgebäude und die dazugehörigen Nebenflächen. Hecken, Gräben, Grenzraine und dergleichen gehören nur dann zur Hofstelle, wenn sie in räumlicher Verbindung mit den Wirtschaftsgebäuden stehen.
Rz. 31
Befinden sich Betriebswohnungen und Wohnteil unmittelbar neben den Wirtschaftsgebäuden oder den dazugehörigen Nebenflächen, ist eine räumliche Verbindung i.S. des § 167 Abs. 3 BewG stets anzunehmen. Diese Voraussetzung ist z.B. auch erfüllt, wenn Betriebswohnungen und Wohnteil durch eine öffentliche Straße mit geringer Verkehrsbelastung von der Hofstelle getrennt sind.
Rz. 32
Eine räumliche Verbindung mit der Hofstelle besteht nicht, wenn zwischen der Hofstelle und den Betriebswohnungen oder dem Wohnteil Industriegelände oder bebaute Grundstücke liegen. Ebenso geht die räumliche Verbindung verloren, wenn die Betriebswohnungen oder die zum Wohnteil gehörenden Wohngrundstücke durch Autobahnen oder Flüsse von der Hofstelle getrennt sind. Das gleiche gilt auch, wenn die Betriebswohnungen oder die zum Wohnteil gehörenden Wohngrundstücke zwar nur durch eine Straße oder einen Weg von der Hofstelle getrennt sind, aber in einem geschlossenen Wohnbaugebiet liegen.
Rz. 33
Um eine Doppelerfassung der mangelnden Fungibilität zu vermeiden, ist in den Fällen, in denen vom Steuerpflichtigen ein niedrigerer Verkehrswert nachgewiesen wird (§ 167 Abs. 4 BewG), kein gesonderter Abschlag vorzunehmen. In diesen Fällen hat sich die entsprechend eingeschränkte Verkehrsfähigkeit bereits über den niedrigeren gemeinen Wert der Immobilien ausgewirkt.
Rz. 34
H B 167.2 ErbStH 2020 enthält hierzu ebenfalls ein Beispiel, das die Auswirkungen der Abschlagsregelung des § 167 Abs. 3 BewG transparent macht und das an das Beispiel zu Rz. 23 anschließt.
Fortsetzung des Beispiels in Anm. 23. Der Wohnteil liegt auf der Hofstelle und grenzt unmittelbar an die Wirtschaftsgebäude. Für die Betriebswohnungen soll keine enge räumliche Verbindung zur Hofstelle bestehen.
I. Wohnteil |
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e) Anzusetzender Sachwert |
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Sachwert |
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250.507 EUR |
Abschlag wegen enger räumlicher Verbindung |
15 % |
./. 37.577 EUR |
Anzusetzender Sachwert |
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212.930 EUR |
II. Betriebswohnungen |
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e) Anzusetzender Sachwert |
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Sachwert |
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260.128 EUR |
Kein Abschlag wegen enger räumlicher Verbindung |
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0 EUR |
Anzusetzender Sachwert |
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260.128 EUR |
Rz. 35– 37
Einstweilen frei.