I. Überblick
Rz. 96
Durch § 244 Abs. 3 BewG wird geregelt, dass als Grundstück auch gelten:
- 1. das Erbbaurecht zusammen mit dem Erbbaurechtsgrundstück,
- 2. ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden zusammen mit dem dazugehörigen Grund und Boden,
- 3. jedes Wohnungseigentum und Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz sowie
- 4. jedes Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht zusammen mit dem anteiligen belasteten Grund und Boden.
Rz. 97
Der § 244 Abs. 3 BewG enthält eine gegenüber dem bisherigen Recht der Einheitsbewertung (vgl. §§ 92 und 94 BewG) erweiterte Definition der wirtschaftlichen Einheit. Danach werden Kraft gesetzlicher Fiktion das Erbbaurecht und der mit dem Erbbaurecht belastete Grund und Boden zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst. Das gilt ebenso für ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden; dieses wird zusammen mit dem dazu gehörenden Grund und Boden ebenfalls als eine wirtschaftliche Einheit bewertet. Auch das mit einem Erbbaurecht belastete Wohnungs- oder Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz bildet zusammen mit dem belasteten Grund und Boden eine wirtschaftliche Einheit. Es handelt sich somit jeweils (nur noch) um ein bewertungsrechtliches Grundstück. Auf die bisher erforderliche getrennte Bewertung wird somit – so die Gesetzesbegründung – aus Vereinfachungs- und Automationsgründen verzichtet. Die Zusammenfassung der bisher getrennt zu bewertenden wirtschaftlichen Einheiten soll zu einer Vereinfachung für den Steuerschuldner und die Verwaltung führen.
Rz. 98
Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 eine Präzisierung des § 244 Abs. 3 Nr. 4 BewG zu Wohnungserbbaurechten und Teilerbbaurechten beschlossen. Vgl. hierzu Rz. 5.
II. Erbbaurecht
Rz. 99
Bei einem Erbbaurecht handelt es sich um das veräußerliche und vererbliche Recht an einem Grundstück, auf oder unter der Erdoberfläche des belasteten Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs. 1 ErbbauVO). Das Erbbaurecht ist ein dingliches Recht an einem fremden Grundstück. Der Erbbaurechtsgeber bleibt bürgerlich-rechtlich Eigentümer des belasteten Grundstücks. Zivilrechtlich wird das Erbbaurecht wie ein Grundstück behandelt (§ 11 ErbbauVO). Es kann daher wie ein Grundstück mit Grundpfandrechten belastet werden. Im Grundbuch wird für das Erbbaurecht ein eigenes Grundbuchblatt angelegt.
Rz. 99.1
Das Erbbaurecht entsteht zivilrechtlich mit Eintragung im Grundbuch (§ 11 ErbbauVO i.V.m. § 873 BGB). Bewertungsrechtlich gilt das Erbbaurecht bereits dann als entstanden, wenn die dingliche Einigung über die Bestellung eines Erbbaurechts erfolgt ist und der zukünftige Erbbauberechtigte in der Lage ist, die Eintragung in das Grundbuch zu bewirken, A 261.1 Abs. 2 Satz 2 AEBewGrSt. Vgl. ergänzend dazu die Kommentierung zu § 92 BewG).
Rz. 99.2
Das Erbbaurecht erstreckt sich im Allgemeinen auf das ganze Grundstück. Sollte es sich jedoch nur auf einen Teil des Grundstücks i.S.d. Zivilrechts erstrecken, bildet dieser Teil zusammen mit dem anteiligen belasteten Grund und Boden eine wirtschaftliche Einheit nach § 244 Abs. Abs. 3 Nr. 1 BewG. Der restliche Teil des zivilrechtlichen Grundstücks stellt ebenfalls eine wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens dar; die Bewertung ist nach den allgemeinen Grundsätzen durchzuführen.
Rz. 100
Als Erbbaurechtsgrundstück wird das Grundstück bezeichnet, an dem das Erbbaurecht bestellt ist. Trotz Bestellung mit dem Erbbaurecht bleibt das Erbbaurechtsgrundstück zivilrechtlich weiterhin als solches bestehen.
Rz. 101
Im bisherigen Recht der Einheitsbewertung (vgl. § 92 BewG) und der Grundbesitzbewertung (vgl. §§ 193, 194 BewG) stellen das Erbbaurecht und das Erbbaurechtsgrundstück zwei wirtschaftliche Einheiten dar, die getrennt voneinander zu bewerten sind. Bei der Bewertung für Zwecke der Grundsteuer schlägt der Gesetzgeber nun einen neuen Weg ein und behandelt beides nur noch als eine wirtschaftliche Einheit. Vgl. zur weiteren Behandlung der wirtschaftlichen Einheit die Ausführungen unter Rz. 111.
III. Gebäude auf fremdem Grund und Boden
Rz. 102
Ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden liegt vor, wenn ein anderer als der Eigentümer des Grund und Bodens darauf ein Gebäude errichtet hat und ihm das Gebäude zuzurechnen ist. ...