I. Begriff
Rz. 43
Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer sind solche, bei denen das Ende in absehbarer Zeit sicher, aber der Zeitpunkt des Wegfalls unsicher ist. Die Grenze zwischen immerwährenden Nutzungen oder Leistungen und solchen von unbestimmter Dauer ist oft schwer zu ziehen.
Rz. 44
Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer können auch von der Lebenszeit einer oder mehrerer Personen abhängen; in diesem Fall erfolgt die Bewertung nach § 14 BewG (§ 13 Abs. 2 Halbs. 2 BewG).
Rz. 45
Eine Nutzung oder Leistung von unbestimmter Dauer ist nicht gegeben, wenn es sich um eine Rente usw. handelt, die nacheinander an mehrere Berechtigte auf deren Lebenszeit zu entrichten ist. Die Rentenverpflichtungen gegen die mehreren Personen können nicht als einheitliches Ganzes angesehen werden. Das ergibt sich daraus, dass die Verpflichtung gegenüber dem zuletzt Berechtigten erst wirksam werden soll, wenn der Vorberechtigte verstorben ist. Daher bestehen in einem solchen Fall die Rentenverpflichtungen nicht nebeneinander, sondern die eine löst die andere ab. Demgemäß hat der RFH entschieden, dass eine erst nach dem Tode eines Dritten wirksam werdende lebenslängliche Rente durch die Tatsache bedingt ist, dass der Berechtigte den Dritten überlebt, und dass sie daher bis zum Tode des Dritten weder als Vermögenswert noch als Schuld zu berücksichtigen ist.
Rz. 46
In solchen Fällen ist für die Berechnung des Kapitalwerts der Rente lediglich das Lebensalter der jeweils Berechtigten maßgebend, während die Leistungen an später Berechtigte als aufschiebend bedingt unbewertet bleiben.
Rz. 47
Einstweilen frei.
Rz. 48
Wird ein Geldbetrag als Darlehen auf unbestimmte Zeit zinslos überlassen, ist als schenkungsteuerrechtliche Bereicherung der nach § 13 Abs. 2 Alt. 2 BewG zu ermittelnde Kapitalwert anzusetzen.
II. Kapitalwert
1. Regelbewertung: das 9,3-fache des Jahreswerts
Rz. 49
Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer sind grundsätzlich mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts zu bewerten (§ 13 Abs. 2 Halbs. 2 BewG). Hängt ihre Dauer nicht nur von einem unbestimmten, aber in absehbarer Zeit eintretenden Ereignis allgemeiner Art, sondern auch von der Lebenszeit einer oder mehrerer Personen ab, so erfolgt die Bewertung nach § 14 BewG.
Rz. 50
Eine Ausnahme von der Regel ist nicht gegeben, wenn das Recht auf wiederkehrende Nutzungen von unbestimmter Dauer gleichzeitig auflösend bedingt ist. In diesem Fall ist das Nutzungsrecht ebenfalls nach § 13 Abs. 2 Halbs. 2 BewG zu bewerten. Das ergibt sich aus § 5 Abs. 1 BewG. Zwar werden nach dieser Vorschrift auflösend bedingt erworbene Wirtschaftsgüter wie unbedingt erworbene behandelt. Dies gilt aber nur für die Beantwortung der Frage, ob ein Wirtschaftsgut erfasst werden kann. § 5 Abs. 1 Satz 2 BewG lässt dagegen die Wertermittlungsvorschriften für Wirtschaftsgüter, die dem Grunde nach zu erfassen sind, unberührt; dies bedeutet, dass die auflösende Bedingung bei der Wertermittlung zu berücksichtigen ist.
Rz. 51
Beispiel:
Der Witwe des Gesellschafters einer GmbH steht auf die Dauer des Bestehens der GmbH eine Rente von jährlich 2.000 EUR zu. Sobald die Tochter der Witwe sich verheiratet, steht die Rente dieser zu. Am Stichtag ist das Recht der Mutter auf die Rente von unbestimmter Dauer und außerdem auflösend bedingt. Daher Ansatz bei der Mutter mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts. Bei der Tochter noch kein Ansatz, weil ihr Recht auf die Rente aufschiebend bedingt ist (§ 4 BewG).
Entsprechend ist zu verfahren, wenn die Verpflichtung zu einer Leistung oder die Duldung von Nutzungen von unbestimmter Dauer auflösend bedingt ist; auch in einem solchen Fall gilt die Bewertung mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts (§ 7 Abs. 1 BewG).
2. Vorrang der Bewertung nach § 14 BewG
Rz. 52
Ist die Nutzung oder Leistung von unbestimmter Dauer gleichzeitig von der Lebensdauer einer oder mehrerer Personen abhängig, so hat die Bewertung nach § 14 BewG den Vorrang; die Bewertung nach § 13 Abs. 2 Halbs. 2 BewG muss gegenüber der Bewertung nach § 14 BewG zurücktreten.