Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Zerlegungsbescheid
Rz. 70
Am Zerlegungsverfahren sind nach § 186 AO der Steuerpflichtige und die Steuerberechtigten zu beteiligen, denen ein Anteil an dem Steuermessbetrag zugeteilt worden ist oder die einen Anteil beanspruchen. Zuständig ist das Finanzamt, das den Grundsteuermessbescheid erlässt. Wird die Grundsteuer nicht von den Gemeinden festgesetzt und erhoben (wie in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg), so sind die Finanzämter nach § 186 Satz 2 AO zu beteiligen. Den beteiligten Steuerberechtigten steht nach § 187 AO Auskunft über die Zerlegungsgrundlagen und durch ihre Amtsträger Einsicht in die Zerlegungsunterlagen zu.
Rz. 71
Über das Ergebnis der Zerlegung erteilt das Finanzamt nach § 188 Abs. 1 AO einen schriftlichen Bescheid, der dem Steuerpflichtigen und den beteiligten Gemeinden bekannt zu geben ist. Der Zerlegungsbescheid stellt einen "janusköpfigen" Verwaltungsakt dar, denn er ist sowohl Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid als auch Folgebescheid des Grundsteuermessbescheids. Er muss nach § 188 Abs. 2 AO die Höhe des zu zerlegenden Steuermessbetrags und die Zerlegungsgrundlagen angeben sowie bestimmen, welche Anteile den beteiligten Steuerberechtigten zugeteilt werden. Die Angabe des Zerlegungsmaßstabs gehört zur Begründung des Bescheids und entfaltet daher keine Bindungswirkung. Die Entscheidung über die Zerlegung kann gegenüber dem Steuerpflichtigen und den betroffenen Gemeinden, die einen Anteil an dem zu zerlegenden Messbetrag beanspruchen, nur einheitlich ergehen. Während dem Steuerpflichtigen der vollständige Zerlegungsbescheid bekannt zu geben ist, werden den einzelnen beteiligten Gemeinden nur jeweils ein kurzgefasster Bescheid mit den sie betreffenden Daten bekannt gegeben.
II. Rechtsbehelfe
Rz. 72
Gegen den Zerlegungsbescheid können sowohl der Steuerpflichtige als auch die betroffenen Gemeinden Einspruch einlegen. Befugt, Einspruch einzulegen, ist aber nur derjenige, der geltend macht, durch den Zerlegungsbescheid beschwert zu sein (§ 350 AO). Der Steuerpflichtige ist beschwert, wenn die von ihm begehrte Änderung dazu führt, dass ein Zerlegungsergebnis entsteht, das durch Anwendung der Hebesätze zu einer niedrigeren Grundsteuer führt. Sind die Hebesätze der Gemeinden identisch, ist der Einspruch des Steuerpflichtigen mangels Beschwer nach § 358 Satz 2 AO als unzulässig zu verwerfen.
Rz. 73
Während Gemeinden nicht befugt sind, Steuermessbescheide anzufechten. Eine Rechtsbehelfsbefugnis besteht nach § 186 Nr. 2 AO nur im Zerlegungsverfahren. Die Gemeinde ist beschwert, wenn sie einen höheren Zerlegungsanteil geltend macht. Das gilt auch, wenn sich ihr Zerlegungsanteil infolge eines geänderten Gewerbesteuer-Messbescheids bereits erhöht hat. In diesem Fall ist die Rechtsbehelfsbefugnis jedoch wegen der sinngemäßen Anwendung des § 351 AO auf den Erhöhungsbetrag begrenzt. Zerlegungsbescheide können nicht mit der Begründung angefochten werden, dass der Steuermessbetrag unrichtig festgesetzt worden sei. Die Entscheidung des Steuermessbescheids als Grundlagenbescheids können nach § 351 Abs. 2 AO nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Zerlegungsbescheids angegriffen werden. Während § 186 AO die Beteiligten für das Verwaltungsverfahren festlegt, ist im Einspruchsverfahren die Regelung des § 360 AO zu beachten, nach der diejenigen Beteiligten des Verwaltungsverfahrens notwendig beizuladen sind, deren Interessen durch die Entscheidung berührt werden. Das ist auch dann der Fall, wenn eine Gemeinde bislang erfolglos einen Anteil am Steuermessbetrag beansprucht. Dagegen ist eine Gemeinde, die selbst keinen Anspruch geltend macht, nicht notwendig beizuladen. Sind Gemeinden im Verfahren übergangen worden und haben diese nicht innerhalb der Jahresfrist des § 189 Satz 3 AO einen Änderungsantrag gestellt, sind sie keine Beteiligten und daher auch nicht beizuladen. Der Steuerpflichtige ist trotz seiner Beteiligtenstellung in dem Rechtsstreit einer Gemeinde mit dem FA nicht beizuladen, wenn seine Steuerschuld aufgrund identischer Hebesätze von dem anzuwendenden Zerlegungsmaßstab unabhängig ist.
Rz. 74