Rz. 90
Wenn und soweit einander erbrachte Gegen-/Leistungen mangels rechtlicher Verknüpfung in keinem entgeltlichen Zusammenhang stehen, liegen – m.E. regelmäßig (§ 7 Abs. 4 ErbStG) – wechselseitige Schenkungen vor. Haben die Parteien bewusst auf eine Entgeltabrede verzichtet, entsteht der Schenkungsteueranspruch mit Ausführung der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) und kann nicht mehr dadurch beseitigt werden, dass der Schenker später eine ihm nicht geschuldete Leistung des Empfängers seiner früheren Leistung bereitwillig annimmt. Auch er wird dann in schenkungsteuerbarer Weise bereichert; freiwillige (Gegen-)Leistungen sind grds. freigebige Zuwendungen,
Beispiele:
- die nachträgliche Vergütung ehrenamtlicher, grundsätzlich unentgeltlich erbrachter Tätigkeiten;
- der Zuschussgeber erhält später vom Zuschussempfänger einen Teil des erzielten Gewinns;
- Schwarzgeldgeschäfte – hier folgt die Unentgeltlichkeit aus der Nichtigkeit der getroffenen Abreden;
- die Anteilsrotation zwischen GmbH-Gesellschaftern durch wechselseitigen Verkauf der Geschäftsanteile zu identischen Bedingungen mag ertragsteuerlich rechtsmissbräuchlich sein, wenn sie bewusst gegen krass niedrige Kaufpreise erfolgt, indiziert jedoch gerade deshalb den Willen zur Freigebigkeit auf beiden Seiten (s. Rz. 114).
Rz. 91
Freiwillige Gesellschafterleistungen: Freiwillig handeln auch Gesellschafter, die das Vermögen ihrer Gesellschaft durch Geld-, Sach- oder sonstige Leistungen vermehren, ohne hierzu schuldrechtlich, insb. gesellschaftsvertraglich, verpflichtet zu sein. Bei Leistungen an Personengesellschaften stellt sich daher stets die Frage der Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Der II. BFH-Senat, der hierbei die jeweiligen Mitgesellschafter des Zuwenders als Erwerber ansieht, will deren freigebige Bereicherung und ebenso ihrerseits freigebige Zuwendungen jedoch verneinen, wenn auch sie wertmäßig entsprechende Leistungen an die Gesellschaft erbringen. Dies muss sicherlich noch präzisiert (s. auch Rz. 55) und dogmatisch unterfüttert werden. Mit einer Gesamtbetrachtung, wie sie die Finanzverwaltung bei einschlägigen Leistungen an Kapitalgesellschaften, die primär nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG zu beurteilen sind, vorschreibt, lassen sich die tragenden Prinzipien des Schenkungsteuerrechts jedenfalls nicht beiseiteschieben (s. Rz. 623 ff.). Der Grundsatz, dass materiell-rechtlich jede Vorteilsgewährung einen eigenständigen steuerbegründenden Tatbestand darstellen kann (§ 38 AO), gilt nicht nur für mehrere Leistungen derselben Person, sondern trifft erst recht zu bei Leistungen verschiedener Personen.
Rz. 92– 93
Einstweilen frei.