Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
I. Grundgedanke
Rz. 86
Bei der forstwirtschaftlichen Nutzung besteht die Schwierigkeit der Ermittlung des jährlichen Reinertrags darin, dass in der Forstwirtschaft die Ernte, abgesehen von kleineren Nutzungen auf Grund von Durchforstungshieben, erst nach einer langen Reihe von Jahren nach der Begründung des Bestandes erfolgen kann. Diese Umtriebszeit beträgt zum Teil bis zu 100 Jahren und noch mehr.
Rz. 87
Der Landwirt bestellt und erntet dagegen jährlich, und auch die Jahresproduktion aus der Viehwirtschaft ist leicht feststellbar. Für den Forstwirt ist dagegen der Jahresrohertrag nicht gleich dem eingeschlagenen Holz, sondern er entspricht dem jährlichen Zuwachs an Holz. Hieraus ergibt sich der weitere Unterschied zur Landwirtschaft, dass das aufstehende Holz gleichzeitig Produktionsmittel und Produkt ist.
Rz. 88
Dadurch ist bei der Forstwirtschaft im Gegensatz zur Landwirtschaft eine vergleichende Bewertung durch Vergleich von Betrieb zu Betrieb nicht möglich. Die Bewertungsstützpunkte für die Bewertung der forstwirtschaftlichen Nutzungen haben deshalb nicht die Funktion, dass durch einen Vergleich mit ihnen der Vergleichswert anderer forstwirtschaftlicher Nutzungen abgeleitet wird, sondern sie zeigen nur beispielhaft die Durchführung der Bewertung an einer Nutzung mit Gegend üblichen Bedingungen.
Rz. 89
Die Erkenntnis, dass bei der Bewertung forstwirtschaftlicher Nutzungen ein unmittelbarer Vergleich von Nutzung zu Nutzung nicht möglich ist, führte zur Bewertung im Altersklassenverfahren. Der Grundgedanke dieses Verfahrens besteht darin, dass zum Ausgangspunkt für die Bewertung die normale Betriebsklasse gewählt wird. Hierunter wird ein Nachhaltsbetrieb mit regelmäßigem Altersklassenverhältnis, bezogen auf eine bestimmte Holzart von bestimmter Ertragsklasse und Vollbestockung verstanden.
Rz. 90
Nur bei einer derartigen normalen Betriebsklasse ist es möglich, den nachhaltigen Jahresrohertrag mit einiger Zuverlässigkeit zu bestimmen; denn hier ist jede Altersklasse mit einer gleichgroßen Fläche vertreten, so dass jährlich gleichmäßig ein gleich großer Ertrag anfällt. Der Ertragswert für 1 Hektar einer normalen Betriebsklasse der jeweiligen Holzart und Ertragsklasse ist der Normalwert.
Rz. 91
Für die Hauptfeststellung auf den 1.1.1964 ist der höchste Normalwert durch § 55 Abs. 3 BewG auf 3 200 DM festgesetzt worden. Dieser Wert entspricht einer normalen Betriebsklasse der Fichte mit Ertragsklasse I A bei Vollbestockung.
Rz. 92– 94
Einstweilen frei.
II. Ermittlung des Normalwerts
Rz. 95
Der Normalwert ist das Achtzehnfache des nachhaltig erzielbaren Reinertrags einer normalen Betriebsklasse. Der Reinertrag ergibt sich durch Abzug der Gewinnungskosten, der übrigen Betriebskosten und der Grundlasten vom Rohertrag.
Rz. 96
Die Gewinnungskosten werden in die Holzaufarbeitungskosten (Holzwerbungskosten) und Holzbringungskosten (Erntekosten) unterteilt. Zu den übrigen Betriebskosten gehören vor allem die Kulturkosten, die Wege- und Wasserbaukosten und die allgemeinen Verwaltungskosten. Die Betriebskosten werden außerdem in die auf einen Festmeter Holzertrag bezogenen Kosten (Aufarbeitungskosten und Bringungskosten) und in die auf einen Hektar Holzbodenfläche der normalen Betriebsklasse bezogenen Kosten (Kulturkosten, Wege- und Wasserbaukosten, sonstige Kosten) unterteilt.
Rz. 97
Alle nicht bei der Einzelermittlung der Kostenfaktoren erfassten Kosten sind in dem Posten Verwaltungskosten zusammengezogen worden. Die Verwaltungskosten wurden auf Grund von Erhebungen bei buchführenden öffentlichen und privaten Forsten durch einen Zuschlag von 60 % auf die im Einzelnen ermittelten Kosten je Festmeter Holzertrag und je Hektar Holzbodenfläche berücksichtigt.
Rz. 98
Durch diesen Verwaltungskostenzuschlag sind auch die laufenden Pensionslasten und die Belastungen mit Pensionsanwartschaften abgegolten. Diese Aufwendungen sind bei einem Betrieb der Forstwirtschaft grundsätzlich Bestandteil des betrieblichen Aufwands und damit der wirtschaftlichen Ertragsbedingung "Preise und Löhne" des § 38 Abs. 2 Nr. 2 BewG zuzurechnen. Bei diesem Aufwandsposten handelt es sich um Kosten der Bewirtschaftung, die als Rechengröße in das Ertrags-Aufwandsgefüge der forstwirtschaftlichen Nutzung zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 eingegangen sind. Der Rohertrag wird durch das Produkt aus nachhaltigem Holzertrag mal Durchschnittsderbholzpreis bestimmt. Für Preise und Löhne sind nach § 38 Abs. 2 BewG die regelmäßigen Verhältnisse der Gegend maßgebend.
Rz. 99