Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
I. Prüfung des Gutachtens durch das Finanzamt
Rz. 55
Die vom Finanzamt durchzuführende Prüfung des Gutachtens auf Schlüssigkeit und Richtigkeit wird innerhalb der Finanzverwaltung häufig durch Bausachverständige erfolgen, die mit den Grundsätzen zur Ermittlung des gemeinen Werts nach den Regelungen der Grundstückssachverständigen vertraut sind. In der Würdigung des vom Steuerpflichtigen beigebrachten Sachverständigengutachtens ist das Finanzamt grundsätzlich frei. Enthält es Mängel, z.B. methodische Mängel oder unzutreffende Wertansätze, ist es zurückzuweisen; ein Gegengutachten durch das Finanzamt ist nicht erforderlich. Diese Auffassung ist auch in die gl. lt. Erl. v. 7.12.2022 übernommen worden.
Rz. 56
Von Bedeutung ist dabei insb., dass es dem Steuerpflichtigen obliegt, den Nachweis so durch ein Sachverständigengutachten zu führen, dass ihm von Gerichten ohne Bestellung weiterer Sachverständiger gefolgt werden kann. Konsequenz dieser Rechtsprechung ist die Tatsache, dass ein Steuerzahler die Kosten für ein Gutachten nicht im Wege eines Klageverfahrens faktisch auf die Finanzverwaltung abwälzen kann, indem er ein methodisch – möglicherweise offenkundig – zu beanstandendes Gutachten vorlegt.
Rz. 57
Einstweilen frei.
II. Maßgeblichkeit der ImmoWertV 2021
Rz. 58
Bereits bei der Konzeption der Neuregelungen zur Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer erfolgte eine enge Anlehnung an die anerkannten Verfahrensvorschriften zur Verkehrswertermittlung von Grundstücken auf der Grundlage des Baugesetzbuchs, um die verfassungsrechtlich geforderte Nähe der Bewertungsergebnisse zum gemeinen Wert zu gewährleisten. Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts durch ein Gutachten gelten die auf Grund des § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Vorschriften. Hierzu gehört die ImmoWertV 2021 vom 14.7.2021 und die dazu ergangenen Muster-Anwendungshinweise zur ImmoWertV vom 5.10.2023.
Hinsichtlich der Anwendungszeitpunkts vgl. Rz. 21.1 ff.).
Nach Maßgabe dieser Vorschriften sind sämtliche wertbeeinflussenden Umstände zur Ermittlung des gemeinen Werts (Verkehrswerts) von Grundstücken zu berücksichtigen. Hierzu gehören auch die den Wert beeinflussenden Rechte und Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, wie z.B. Grunddienstbarkeiten und persönliche Nutzungsrechte.
Rz. 59– 64
Einstweilen frei
III. Sachliche Anforderungen an ein Gutachten
Rz. 65
Bislang hat sich innerhalb der Finanzverwaltung kein einheitlicher Kriterienkatalog entwickelt, nach dem Sachverständigengutachten gewürdigt werden. Zur Ordnungsmäßigkeit eines Sachverständigengutachtens gehören methodische Qualität und eine zutreffende Erhebung und Dokumentation der Begutachtungsgrundlagen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass sich die Würdigung der Sachverständigengutachten durch die Finanzverwaltung grundsätzlich an transparenten Anforderungen orientieren muss, die nachvollziehbar und nachstehend aufgeführt sind.
- Zunächst muss in dem Sachverständigengutachten eindeutig definiert werden, welches Objekt Gegenstand der Bewertung ist und für welchen Stichtag die Bewertung durchgeführt wurde.
- Dabei muss der Zustand des Bewertungsobjekts nicht nur berücksichtigt, sondern auch mit allen wertbeeinflussenden Merkmalen beschrieben und bewertet werden. Dazu gehören beispielsweise rechtliche Gegebenheiten, tatsächliche Eigenschaften sowie die sonstige Beschaffenheit und Lage des Bewertungsobjekts.
- Sofern wertbestimmende Merkmale im Sachverständigengutachten nicht berücksichtigt werden oder ein vom tatsächlichen Zustand abweichender Grundstückszustand berücksichtigt wird, müssen die dafür maßgebenden Gründe schlüssig dargelegt und benannt werden.
- Ferner müssen im Sachverständigengutachten die bei der Bewertung zugrunde gelegten Daten benannt werden.
- Im Sachverständigengutachten ist eindeutig kenntlich zu machen, in wieweit sich die Annahmen des Gutachtens auf Informationen stützt, die vom Auftraggeber oder von Dritten stammen, soweit der Wahrheitsgehalt der Informationen nicht prüfbar oder vom Sachverständigen nicht geprüft worden ist.
- Die Forderung des Finanzamts, dass ein Sachverständigengutachten objek...