I. Allgemeines
Rz. 195
Mit § 13b Abs. 5 ErbStG hat der Gesetzgeber eine Investitionsklausel für das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen bei Erwerben von Todes wegen eingeführt, um Härtefälle im Zusammenhang mit der Stichtagsbesteuerung abzumildern. Die Erbschaftsteuer ist eine im Zusammenhang mit dem Erbfall stehende Stichtagsteuer. Für die Steuerfestsetzung maßgeblich ist deshalb die Zusammensetzung und der Wert des übertragenen Vermögens in dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (Besteuerungszeitpunkt; §§ 9, 11 ErbStG). Dieses Vermögen unterliegt mit diesem Wert der Besteuerung. Verfügungen des Erwerbers über das erworbene Vermögen nach dem Besteuerungszeitpunkt beeinflussen die Höhe der entstandenen Erbschaft- oder Schenkungsteuer nicht. Sie vollziehen sich im eigenen Vermögen des Erwerbers. Das gilt unabhängig davon, ob sich der Bestand des Vermögens oder seine Zusammensetzung oder lediglich wertbestimmende Faktoren ändern. Auch wenn Vermögen nach der schematischen Abgrenzung nach § 13b Abs. 3 und 4 ErbStG grundsätzlich dem Verwaltungsvermögen zugeordnet werden müsste, kann es trotzdem geeignet sein, die Beschäftigung zu fördern. Dies ist dann der Fall, wenn dieses Vermögen für eine zeitnahe Investition in begünstigtes Vermögen oder die zeitnahe Zahlung von Löhnen und Gehältern an die Beschäftigten in den erworbenen wirtschaftlichen Einheiten vorgesehen ist. Damit liegt eine tragfähige verfassungsrechtliche Rechtfertigung dafür vor, dass mit einer Investitionsklausel im Bereich des unternehmerischen Vermögens eine Ungleichheit zu Vermögen geschaffen ist, bei dem eine solche Investitionsmöglichkeit nicht gegeben ist.
Die Investitionsklausel – sowohl die nach Satz 1 und 2 als auch die nach Satz 3 und 4 des § 13b Abs. 5 ErbStG – soll bei jungen Finanzmitteln keine Anwendung finden. Wenn allerdings Finanzmittel investiert werden, ist die Begrenzung der jungen Finanzmittel auf die Finanzmittel zu prüfen.
II. Investitionsklausel für Verwaltungsvermögen
Rz. 196
Die Investitionsklausel für Verwaltungsvermögen hat zur Folge, dass zunächst dem Verwaltungsvermögen zugerechnetes Vermögen rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer nicht mehr als Verwaltungsvermögen eingestuft werden kann, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
- Es muss sich um einen Erwerb von Todes wegen handeln;
- der Erwerber muss erworbenes nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 bis 5 ErbStG) innerhalb des erworbenen begünstigungsfähigen Vermögens in Vermögen investieren, das kein Verwaltungsvermögen ist;
- die durch die Investition geschaffenen oder angeschafften Gegenstände müssen unmittelbar einer land- und forstwirtschaftlichen oder originär gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit (§ 13 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG) dienen;
- die Investition muss aufgrund eines im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer vorgefassten Plans des Erblassers erfolgen und darf nicht zu neuem Verwaltungsvermögen führen;
- die Investition muss innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach dem Besteuerungszeitpunkt erfolgt sein.
Rz. 197
Bei Schenkungen unter Lebenden sind Härtefälle aufgrund des Stichtagsprinzips bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ausgeschlossen, da Schenkungen und deren Vollzug planbar sind. Die Investitionsklausel findet daher nur bei Erwerben von Todes wegen Anwendung.
Rz. 198
Unter Investition wird zwanglos die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern zu subsumieren sein. Ob auch die Tilgung von Schulden dazu gerechnet werden kann, ist fraglich. Teilweise wird vertreten, dass der Begriff der Investition wohl eher eng auszulegen sei. Im Ergebnis dürfte dies wohl zutreffend sein, weil schon nach dem Wortlaut der Norm "Investition" eine Schuldentilgung begrifflich nicht erfasst sein kann.
Rz. 199
Ob hinsichtlich der Frist von zwei Jahren bei einer Investition auf den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags oder auf den Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten abzustellen ist, ist fraglich. Richtigerweise muss das Datum des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts maßgeblich sein, denn nur dies können die Beteiligten zweifelsfrei beherrschen. Der Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten kann vom Eintritt weiterer Bedingungen abhängig sein, auf die die Beteiligten keinen Einfluss haben. Entscheidend im Sinne der Norm und ihres Regelungszweckes muss aber sein, dass die Beteiligten nach außen hin eindeutig dokumentiert haben, dass eine Investition erfolgen soll. Diese Dokumentation ist aber schon dann hinreichend deutlich, wenn der Vertragsschluss erfolgt ist.
Rz. 200
Unschädlich ist eine zusätzliche Finanzierung der Investition aus dem Privatvermögen. In diesem Fall entfällt die Zurechnung zum Verwaltungsvermögen rückwirkend nur für das zur Finanzierung eingesetzte Ve...