I. Einordung nach BGB und ErbStG
Rz. 273
Zivilrechtlich kommt es infolge rechtswirksam, d.h. durch letztwillige Verfügung (§ 1937 BGB) oder Erbvertrag (§ 1941 BGB), angeordneter Nacherbfolge zu einer zeitlich gestaffelten Gesamtrechtsnachfolge nach dem Erblasser (§ 2100 BGB). Die mit dem Erbfall zunächst dem/n Vorerben anfallende Erbschaft (§§ 1922, 1942 Abs. 1 BGB) fällt mit Eintritt des Nacherbfalls dem/n Nacherben an (§ 2139 BGB). Vorerbe und Nacherbe bilden keine Erbengemeinschaft; sie sind kraft Gesetzes auflösend/aufschiebend bedingt, im Zweifel befristet durch das Ableben des Vorerben, eingesetzte Erbe/n des Erblassers (§§ 2074, 2106; 2109 BGB). Dem/n Nacherben steht ab dem Erbfall ein Anwartschaftsrecht auf die Erbschaft zu (s. auch § 6 ErbStG Rz. 4 ff.).
Rz. 274
Erbschaftsteuerlich wird nur der Vorerbe als Erbe des Erblassers behandelt (§ 6 Abs. 1 ErbStG; s. auch § 20 Abs. 4 ErbStG). Die Anwartschaft des Nacherben wird grundsätzlich nicht erfasst (§ 10 Abs. 4 ErbStG – s. § 10 ErbStG Rz. 58), es sei denn, der Nacherbe würde sie entgeltlich übertragen (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. i ErbStG – s. § 3 ErbStG Rz. 340 ff.), gegen Ablösung durch den Vorerben auf sie verzichten (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG – s.o. Rz. 261) oder die Nacherbschaft gegen Abfindung ausschlagen (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG – s. § 3 ErbStG Rz. 321). Erst mit dem Nacherbfall unterliegt der Erwerb der Erbschaft durch den Nacherben der Erbschaftsteuer (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 u. 3 ErbStG; § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h ErbStG), abweichend vom Zivilrecht zwar als Erwerb vom Vorerben, aber mit der antragsabhängigen Möglichkeit der Versteuerung nach dem Verhältnis zum Erblasser (§ 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Gibt der Vorerbe, zulässigerweise, dem Nacherben den Nachlass, ganz oder zum Teil, schon vor Eintritt des Nacherbfalls heraus, verhindern beide insoweit die Entstehung des Erbschaftsteueranspruchs. Beachten Sie: Bei vorzeitiger Übertragung an mehrere Nacherben bilden sie keine (Nach-)Erbengemeinschaft, sondern erwerben die Vermögensgegenstände in Bruchteilsgemeinschaft.
II. Tatbestand
Rz. 275
Diese Vorwegnahme des Nacherbfalls wird von § 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG als Schenkung des Vorerben fingiert, insoweit § 6 Abs. 2 Satz 1 ErbStG folgend und umkehrschließend durch § 7 Abs. 2 ErbStG bestätigt. Allerdings hätte es keiner Fiktion bedurft. Da der Vorerbe zur vorzeitigen Herausgabe der Vorerbschaft nicht verpflichtet ist, stellt sich die unentgeltliche Weiterübertragung des Nachlasses bzw. einzelner Nachlassgegenstände zivilrechtlich ohnehin als Schenkung und damit stets freigebige Zuwendung dar (s. auch Rz. 229).
Rz. 276
Daher ist es nicht zwingend anzunehmen, § 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG verlange tatbestandlich keine Freigebigkeit des Vorerben. Die Vorschrift tritt gerade nicht alternativ, sondern für den Fall der Bereicherung eines Nacherben aus der Vorerbschaft eher ergänzend neben § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. So behandelte der BFH einst eine solche zu rd. 93 % unentgeltliche Grundstücksübertragung zwischen engen Angehörigen als gemischte Schenkung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; in Anbetracht des besonders deutlichen Missverhältnisses der Gegen-/Leistungen musste er sich zur Freigebigkeit der Schenkerin nicht äußern. Für dem Vorerben mögliche, dem Nacherben gegenüber relativ unwirksame, Schenkungen i.S.d. § 2113 Abs. 2 Satz 1 BGB wird zivilrechtlich zumindest die subjektive Erkennbarkeit der (teilweisen) Unentgeltlichkeit verlangt. Folglich ist auch zur Schenkungsteuerbarkeit teilunentgeltlicher Zuwendungen an den Nacherben das Bewusstsein des Vorerben um die Unentgeltlichkeit seiner Leistung unverzichtbar. § 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG erlaubt die Erfassung gemischter Schenkungen daher nicht schon wegen ihrer objektiven Unentgeltlichkeit; der Wortlaut der Vorschrift rechtfertigt dies nicht. Gilt die Übertragung der Vorerbschaft oder eines hierzu gehörenden Vermögensgegenstands an den Nacherben als Schenkung des Vorerben, scheitert die gemischten Schenkungen eigene entgeltliche Verknüpfung mit Gegenleistungen von vornherein. Die dann konsequente Annahme wechselseitiger Schenkungen (s. Rz. 90) wäre sicherlich nicht gewünscht.
Rz. 277
Funktionell hat §...