Rz. 229
§ 13b Abs. 9 ErbStG regelt die Verbundvermögensaufstellung: Gehören zum begünstigungsfähigen Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG mittelbar oder unmittelbar gehaltene Beteiligungen an Personengesellschaften oder Anteile an Kapitalgesellschaften bzw. entsprechende Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland, sind für Zwecke der Ermittlung des begünstigten Vermögens gem. § 13b Abs. 2 bis 8 ErbStG die gemeinen Werte der diesen Gesellschaften zuzurechnenden Vermögensgegenstände mit dem jeweiligen Anteil einzubeziehen, mit dem die mittelbare bzw. unmittelbare Beteiligung besteht.
Rz. 230
Auf der Grundlage des ErbStRG 2009 wurde der Verwaltungsvermögenstest grundsätzlich für jede (Beteiligungs-)Gesellschaft gesondert durchgeführt. Zum Verwaltungsvermögen gehörten gem. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG a.F. u.a. auch Beteiligungen an Gesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG a.F. fielen, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % betrug. Danach wurden Beteiligungen an dem durch Erbschaft oder Schenkung erworbenen Vermögen an (in- und ausländischen) Personen- und Kapitalgesellschaften, wenn bei letzteren die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital mehr als 25 % betrug, dem Verwaltungsvermögen zugeordnet, sofern auf der Ebene der Beteiligungsgesellschaft das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % betrug. Der Umfang der Beteiligung war in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Beurteilung der Frage, ob bei einer Beteiligung die schädliche 50 %-Grenze des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG a.F. überschritten war, hatte für jede Beteiligungsebene gesondert zu erfolgen. Da der Verwaltungsvermögenstest auf Ebene der Beteiligungsgesellschaften jeweils dem "Alles-oder-Nichts-Prinzip" folgte, war die Beteiligung an einer Gesellschaft insgesamt nicht dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen, wenn dort der Anteil an Verwaltungsvermögen 50 % oder weniger betrug. Die Prüfung hatte jeweils an der untersten Beteiligungsstufe zu beginnen. Bei mehrstufigen Konzernstrukturen konnte dies zu einem Kaskadeneffekt führen. Als Folge der Einordnung einer Beteiligung auf unterer Stufe mit einem Verwaltungsvermögensanteil von bis zu 50 % entstand insgesamt begünstigtes Vermögen, das auf der nächsthöheren Beteiligungsstufe vollständig als begünstigtes Vermögen gewertet wurde, obwohl bei einer Gesamtbetrachtung des Konzerns der Verwaltungsvermögensanteil überwog. Der Grenzwert von maximal 50 % Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG a.F. auf der Ebene von Untergesellschaften galt auch dann in dieser Höhe, wenn der Steuerpflichtige die vollständige Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. gewählt hatte. Die mit diesen Kaskadeneffekten verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten hatte das BVerfG in seiner Entscheidung zum ErbStG ausdrücklich beanstandet. Bereits danach war klar, dass – gleich, wie ein künftiger Verwaltungsvermögenstest aussehen würde – sichergestellt werden müsse, dass nur noch "echtes" Nicht-Verwaltungsvermögen begünstigt wird und dass in Konzernstrukturen nichts anderes gelten dürfe. Die Verwaltungsvermögensquote müsste deshalb in jedem Fall auf der Ebene einer jeder Beteiligungsgesellschaft gesondert ermittelt werden.
Rz. 231
Vor diesem Hintergrund hat sich der Gesetzgeber im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2016 dafür entschieden, das Verwaltungsvermögen in Konzernen konsolidiert zu ermitteln und in einer Verbundvermögensaufstellung zusammenzufassen (§ 13b Abs. 9 ErbStG). Nach § 13b Abs. 9 Satz 3 ErbStG werden Forderungen und Verbindlichkeiten verrechnet, soweit zwischen Gläubiger- und Schuldnerunternehmen Beteiligungsidentität besteht. Dabei könnte die Forderung unter Umständen auf einen geringeren Wert abgeschrieben sein, die zugehörige Verbindlichkeit wäre aber gleichwohl mit dem vollen Wert anzusetzen. Obwohl sich Forderung und Verbindlichkeit im Umfang der Beteiligungsidentität aufheben, ergäbe sich ohne die vorgesehene Sicherung unberechtigt eine rein rechnerische Wertminderung. Verbindlichkeiten werden nicht in die Konsolidierung einbezogen, soweit sie keine wirtschaftliche Belastung darstellen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine bilanziell überschuldete Gesellschaft nur deshalb nicht Insolvenz beantragen muss, weil der Gläubiger den Rangrücktritt erklärt hat. Aus parallelen Fragestellungen der Ertragsteuer sind Gestaltungen bekannt geworden, bei denen die überschuldete Gesellschaft durch die Unternehmensgruppe und die Forderung durch eine nahestehende Person erworben wird. Solchen Gestaltungen muss auch bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer entgegengewirkt werden, indem solche wirtschaftlich nicht belastenden Schulden von der Konsolidierung ausgenommen werden.
Rz. 232
Die Rechentechnik der Verbundvermögensaufstellung ist auf jeder Beteiligungsstufe anzuwenden. Fest...