Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 1
Bebaute Grundstücke in den alten Bundesländern werden bei der Einheitsbewertung 1964 unter Ansatz einer Jahresrohmiete oder einer vergleichbaren üblichen Miete, multipliziert mit einem gesetzlich vorgeschriebenen Vervielfältiger, bewertet. Das Produkt aus "Miete × Vervielfältiger" kann im Einzelfall durch Zuschläge erhöht oder durch Abschläge gekürzt werden. Der so ermittelte Ertragswert darf nicht geringer sein als 50 % des Grundstückswerts für ein vergleichbares unbebautes Grundstück (sog. Mindestwert). Aufwendig gestaltete und ausgestattete Ein- und Zweifamilienhäuser, Geschäftsgrundstücke, für die weder eine Jahresrohmiete noch eine übliche Miete vorliegt, sowie sonstige bebaute Grundstücke sind im Sachwertverfahren zu bewerten.
Alle Einheitswerte sind auf volle 100 DM abzurunden und ab 2002 in Euro umzurechnen, wobei der umgerechnete Betrag auf volle Euro abzurunden ist (§ 30 BewG).
Sondervorschriften gelten für Grundstücke, die mit einem Erbbaurecht belastet sind (§ 92 BewG), für Wohnungs- und Teileigentum (§ 93 BewG) sowie für Gebäude auf fremdem Grund und Boden (§ 94 BewG).
Mit der Entscheidung des BVerfG vom 18.4.2018 ist die Einheitsbewertung mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Dem Gesetzgeber stehen vielfältige Möglichkeiten zur Schaffung eines verfassungsgemäßen Zustandes zur Verfügung. Mit Blick auf drohende Vollzugsprobleme sowie die erhebliche finanzielle Bedeutung der Grundsteuer hat das BVerfG die Fortgeltung der beanstandeten Regelungen zunächst bis zum Ergehen einer Neuregelung, insoweit längstens bis zum 31.12.2019, angeordnet. Darüber hinaus hat das BVerfG aufgrund der besonderen Sachgesetzlichkeiten der Grundsteuer (Umsetzungsaufwand einer Neubewertung) eine weitere Fortgeltung der beanstandeten Normen für fünf Jahre nach Verkündung der Neuregelung, längstens aber bis zum 31.12.2024, angeordnet.
Rz. 2
In den neuen Bundesländern (= Beitrittsgebiet) wird die Einheitsbewertung nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1935 durchgeführt. Einfamilienhäuser werden dabei im Sachwertverfahren unter Ansatz des Bodenwerts und des Gebäudewerts, ggf. erhöht um den Wert ungewöhnlicher Außenanlagen, bewertet. Der Wert des Gebäudes ergibt sich aus dem umbauten Raum und dem Raummeterpreis nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1935, gekürzt um eine Alterswertminderung und ggf. um Abschläge, z.B. zur Berücksichtigung ungewöhnlich starker Beeinträchtigungen durch Lärm, Rauch oder Gerüche.
Mietwohngrundstücke und gemischtgenutzte Grundstücke sind unter Ansatz der Jahresrohmiete und eines Vervielfältigers zu bewerten, wobei besondere Umstände durch Zu- und Abschläge berücksichtigt werden. Der Ertragswert darf den sog. Mindestwert (= gemeiner Wert eines vergleichbaren unbebauten Grundstücks) nicht unterschreiten.
Geschäftsgrundstücke sind grundsätzlich im Sachwertverfahren unter Ansatz des Bodenwerts, des Gebäudewerts und des Werts der Außenanlagen zu bewerten. Auch hier sind – wie bei den Einfamilienhäusern – Ermäßigungstatbestände und die Alterswertminderung bei der Ermittlung des Gebäudewerts zu berücksichtigen. Ein Sonderabschlag i.H.v. 20 % ist bei stillliegenden Fabriken vorzunehmen.
Für sonstige bebaute Grundstücke ist ebenfalls das Sachwertverfahren vorgesehen. Besonderheiten sind bei Erbbaurechten, Gebäuden auf fremdem Grund und Boden, Grundstücken im Zustand der Bebauung und beim Wohnungs- und Teileigentum zu beachten.
Zwar ist die Einheitsbewertung für Grundstücke in den neuen Ländern nicht unmittelbar von der Entscheidung des BVerfG vom 18.4.2018 betroffen. Nach der Entscheidung ist nur die Einheitsbewertung in den alten Ländern mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. M.E. ist aber davon auszugehen sein, dass die Einheitsbewertung in den neuen Ländern wegen des noch längeren Zeitraums und der damit einhergehenden Wertverzerrungen zwischen den Grundstücksarten erst recht dem Gleichsatzsatz nicht standhalten dürfte. Dementsprechend sieht der zwischenzeitlich vorliegende Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums zur Reform der Grundsteuer Neuregelungen auch für die neuen Länder vor.