Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 19
Nach dem Gesetzeswortlaut dürfen nur Fortschreibungsbescheide (§ 22 BewG) und Nachfeststellungsbescheide (§ 23 BewG) vorzeitig erteilt werden. Auf Bescheide über die Hauptfeststellung (§ 21 BewG) und über die Aufhebung (§ 24 BewG) von Einheitswerten ist die Vorschrift nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nicht anwendbar. Jedenfalls bei Hauptfeststellungsbescheiden bestände ein dringendes Bedürfnis der Praxis für den vorzeitigen Erlass von Bescheiden auf dieser Art. Die einschränkende Gesetzesfassung muss in diesem Punkt als verunglückt angesehen werden. Sie sollte im Interesse einer reibungslosen Vorbereitung der nächsten Hauptfeststellung des Grundbesitzes geändert werden. Vgl. dazu aber Rz. 10.
Rz. 20
In einem weiteren Punkt erscheint der Wortlaut des § 24a Satz 1 BewG hinsichtlich seines Anwendungsbereichs wenig glücklich gefasst. Das Gesetz spricht von "Bescheiden über Fortschreibungen oder Nachfeststellungen von Einheitswerten". Darunter sollen nach Auffassung von Halaczinsky bei wortgetreuer Auslegung des Gesetzes nur Bescheide über Wertfortschreibungen (§ 22 Abs. 1 BewG) fallen. Danach wären Bescheide über Art- und Zurechnungsfortschreibungen (§ 22 Abs. 2 BewG), die nicht gleichzeitig eine Wertfortschreibung zum Gegenstand haben, aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeklammert.
Rz. 21
Diese Auffassung wird von hier nicht geteilt. Auch unter Berücksichtigung der Terminologie des Bewertungsrechts führt eine am Wortlaut des Gesetzes orientierte Auslegung nicht zwingend zu diesem Auslegungsergebnis. Es spricht viel dafür, dass sich die Worte "von Einheitswerten" nur auf das Wort "Nachfeststellung" beziehen, weil der Gesetzgeber bei dem Begriff Nachfeststellung die Hinzufügung des Begriffs Einheitswert – als Objekt der Nachfeststellung – für erforderlich ansah. Wird indessen der Gesetzestext wie folgt gelesen: "Bescheide über Fortschreibungen (siehe die Überschrift zu § 22 BewG) beim Grundbesitz oder Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes", so umfasst der Begriff Fortschreibungen dem Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechend sowohl Wert- als auch Art- und Zurechnungsfortschreibungen.
Rz. 22
Im Ergebnis hat sich auch Halaczinsky dieser Auffassung angeschlossen, begründet dies jedoch m.E. unzutreffend mit verwaltungsökonomischen Gründen. Eine entsprechende Auslegung der Vorschrift wäre nur dann zulässig, wenn insoweit eine Regelungslücke bestehen würde. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, da § 24a BewG eindeutig formuliert ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Wortlaut der Vorschrift mit der Intention des Gesetzgebers kollidiert. Da es sich hier allerdings nur um eine theoretische Diskussion handelt und zudem die Wirkung des § 24a BewG zeitlich begrenzt ist, kann auf eine nähere Erörterung dieser Frage verzichtet werden.