1. Allgemeine Grundsätze
a) Wirtschaftliche Einheit
Rz. 28
Das Grundvermögen wird für Zwecke der Grundsteuer nach wirtschaftlichen Einheiten bewertet. Dies folgt aus dem in § 2 Abs. 1 Satz 1 BewG festgelegten Grundsatz, nach dem jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten ist. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bestimmt sich gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 BewG in erster Linie nach der Verkehrsanschauung. Die Verkehrsanschauung wird von der Allgemeinheit vernünftig denkender Menschen geprägt und ist daher von ihr abzuleiten. Nach der BFH-Rechtsprechung ist unter der Verkehrsanschauung die Anschauung zu verstehen, die urteilsfähige und unvoreingenommene Bürger von einer Sache haben oder gewinnen, wenn sie sich mit ihr befassen bzw. sie mit ihr befasst werden. Es kommt also nicht auf den Standpunkt beteiligter Fachleute an.
Rz. 29
Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit nach der Verkehrsanschauung sind die örtlichen Gewohnheiten, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen. Es sind also neben objektiven auch subjektive Merkmale maßgebend. Die subjektiven Merkmale treten jedoch dann zurück, wenn sie mit objektiven Merkmalen in Widerspruch stehen.
Rz. 30
Für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob eine Grundstücksfläche ein Grundstück i.S.d. bürgerlichen Rechts ist. Denn eine wirtschaftliche Einheit, d.h. ein Grundstück i.S.d. Bewertungsrechts, kann sowohl mehrere Grundstücke im bürgerlich-rechtlichen Sinne umfassen als auch nur ein Teil eines bürgerlich-rechtlichen Grundstücks sein (vgl. dazu auch Rz. 19 f.).
Rz. 31
Eine Grundstücksfläche, die eine einzelne wirtschaftliche Einheit bildet, ist entweder ein unbebautes oder ein bebautes Grundstück. Sie kann nicht teils unbebautes und teils bebautes Grundstück sein, sondern muss einer einzigen Grundstücksart zugeordnet werden. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Fläche des Grundstücks, also der Bodenwert nach den Grundsätzen über die Bewertung unbebauter Grundstücke zu bewerten ist. So ist z.B. der Bodenwert im Sachwertverfahren gem. § 258 Abs. 2 BewG der Wert des unbebauten Grundstücks nach § 247 BewG. Auch für den abgezinsten Bodenwert im Ertragswertverfahren nach § 257 Abs. 1 BewG ist Ausgangsgröße der Wert des unbebauten Grundstücks nach § 247 BewG.
Rz. 32
Mehrere Wirtschaftsgüter (z.B. Flächen oder Gebäude) können nur dann zu einer wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens zusammengefasst werden, wenn sie demselben Eigentümer gehören, § 2 Abs. 2 BewG. Es gilt das grundsätzliche Verbot der Zusammenfassung von Wirtschaftsgütern verschiedener Eigentümer zu einer wirtschaftlichen Einheit (vgl. hierzu aber auch Rz. 90 ff. und 97 ff.). Somit dürfen mehrere Wirtschaftsgüter grds. nur dann zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden, wenn die Wirtschaftsgüter nach der Verkehrsanschauung eine Einheit bilden, demselben Eigentümer gehören und zur selben Vermögensart zählen. Dies hat zur Folge, dass Flächen, die im Eigentum eines Eigentümers stehen, und Flächen, die ihm und anderen Personen gemeinsam – gesamthänderisch oder nach Bruchteilen – gehören, grds. keine wirtschaftliche Einheit bilden können und daher getrennt voneinander zu bewerten sind. Vgl. hierzu aber auch Rz. 90 sowie die Kommentierung zu § 2 BewG.
b) Räumlicher Zusammenhang
Rz. 33
Anders als beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen schließt beim Grundvermögen die räumliche Trennung von (unbebauten oder bebauten) Grundstücksflächen grds. die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit aus.
Rz. 34
Eine räumliche Trennung ist nicht nur gegeben, wenn fremder Grundbesitz zwischen den Parzellen eines Eigentümers liegt, sondern regelmäßig auch, wenn die Flächen durch eine öffentliche Straße getrennt werden. Die Trennung der Flächen des Eigentümers durch Privatwege steht dagegen der Zusammenfassung mehrerer Parzellen zu einer wirtschaftlichen Einheit regelmäßig nicht entgegen.
Rz. 35
Bei bebauten Grundstücken sind Nebengebäude (z.B. Garagen, Waschhäuser, Schuppen, Ställe, etc.), die in räumlichem Zusammenhang mit dem Hauptgebäude stehen, in die wirtschaftliche Einheit des bebauten Grundstücks mit einzubeziehen. Das gilt auch für Hofräume, Zier- und Nutzgärten. Auch mehrere Hauptgebäude auf derselben Grundstücksfläche, wie z.B. Vorder- und Rückgebäude, die nur durch einen Hof voneinander getrennt sind, bilden grds. eine einzige wirtschaftliche Einheit.
Rz. 36
Die mitunter intensivere Bebauung von Wohngrundstücken bringt es mit sich, dass die zu Wohngebäuden gehörenden Garagen nicht in räumlichen Zusammenhang mit diesen Gebäuden, sondern davon getrennt errichtet werden. In diesen Fällen kann eine wirtschaftliche Einheit zwischen dem Wohngrundstück und dem Garagengrundstück nur angenommen werden, wenn tro...