Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
Rz. 1
Mit § 32 GrStG beginnt der vierte Abschnitt des GrStG, der verschiedene Erlasstatbestände regelt, die als Spezialregelungen Vorrang vor den allgemeinen Billigkeitsregelungen der §§ 163, 227 AO haben, deren Anwendung jedoch nicht ausschließen. Der Gesetzgeber versteht die reformierte Grundsteuer weiterhin als eine Sollertragsteuer, die an den Grundbesitz mit der Möglichkeit einer ertragbringenden Nutzung und damit an eine Leistungsfähigkeit anknüpft. Als Objektsteuer stellt die Grundsteuer nicht auf die tätsächliche wirtschaftliche Ertragslage des Grundbesitzes ab. Bewertungsverfahren dienen vielmehr der typisierten Ermittlung eines Sollertrags. Ist die Ertragsfähigkeit im Einzelfall nicht gegeben, zieht dies nicht automatisch eine niedrigere Festsetzung nach sich. Es bedarf daher bestimmter Sondertatbestände, mit denen die erwünschte Reduzierung der Belastung gezielt gesteuert werden kann. § 32 GrStG durchbricht die das Grundsteuergesetz beherrschende, dem Charakter der Grundsteuer als einer ertragsunabhängigen Objektsteuer Rechnung tragende Regel, dass für jeden Grundbesitz, rentabel oder nicht, Grundsteuer zu entrichten ist. Die Vorschrift ist ohne Bedeutung, soweit der Steuergegenstand nach §§ 3 ff. GrStG von der Steuer befreit ist, sodass die praktische Relevanz vor allem dort besteht, wo die Steuergegenstände nicht den nach § 3 GrStG begünstigten Personen zuzurechnen sind oder nicht die engen Nutzungsvoraussetzungen des § 4 GrStG erfüllt werden.
§ 32 GrStG sieht in Abs. 1 Nr. 1 u. 2 und Abs. 2 in abschließender Regelung drei Tatbestandsgruppen vor, die jeweils einen Rechtsanspruch auf Voll- oder Teilerlass der Grundsteuer begründen. Es bedarf eines Antrags des Steuerpflichtigen. Eine Ermessensentscheidung liegt nicht vor. Der Antragsteller ist kein Bittsteller, sondern macht einen gesetzlich verankerten Anspruch geltend. Die Gemeinde entscheidet in eigener Zuständigkeit ohne Bindung an Bestätigungen der Landesbehörden über die Objekteigenschaft. An die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen sind aufgrund der aus der Begünstigung resultierenden Steuerausfälle strenge Anforderungen zu stellen.