Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 43
Als Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts kommt auch ein Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück in Betracht, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommen ist. Dabei wurde vor dem 23.7.2021 von der Finanzverwaltung auch ein Kaufpreis anerkannt, der außerhalb des Jahreszeitraums zustande gekommen ist, wenn sich die für die Bewertung maßgebenden Verhältnisse gegenüber den Verhältnissen zum Bewertungsstichtag nicht verändert haben. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sich die Verhältnisse vom Bewertungsstichtag so geändert haben, dass ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielter Kaufpreis nicht als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts zu Grunde gelegt werden kann, konnte nur im Einzelfall entschieden werden. Sofern in einer Region ein Grundstücksmarkt besteht, bei dem erkennbar ist, dass sich die Grundstückspreise in kurzfristigen Abständen laufend verändern, hatten die FÄ Kaufpreise, die außerhalb der Jahresfrist erzielt wurden, allenfalls zurückhaltend akzeptiert.
Rz. 43.1
Mit dem Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz hat sich die Rechtslage für Bewertungsstichtage nach dem 22.7.2021 mit der Einführung des § 198 Abs. 3 BewG geändert. Damit wird der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts durch einen Kaufpreis anstelle eines Sachverständigengutachtens erstmals auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Daraus resultieren unterschiedliche Folgen. Insb. ist die Anerkennung des Kaufpreises als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts auf einen Zeitraum von einem Jahr vor oder nach dem Bewertungsstichtag beschränkt. Zudem ist es möglich, einen Feststellungsbescheid zugunsten des Steuerzahlers wegen eines rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern, wenn nach Bestandskraft des Bescheides ein Kaufpreis erzielt wird, der zu einem niedrigeren Grundbesitzwert führt.
Rz. 43.2
Nach § 198 Abs. 3 BewG kann – wenn die maßgeblichen Verhältnisse hierfür gegenüber den Verhältnissen am Bewertungsstichtag unverändert geblieben sind – als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts auch ein im
- ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
- innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag
- zustande gekommener Kaufpreis
- über das zu bewertende Grundstück
dienen.