Rz. 12
Enthält die Erbschaft-/Schenkungsteuererklärung alle für die Entscheidung über die Steuerpflicht des Erwerbs notwendigen Angaben (§ 31 Abs. 2 ErbStG), kann die Steuer umgehend festgesetzt werden. Besteht jedoch noch Klärungsbedarf, gilt der Verjährung höchste Aufmerksamkeit. Vor allem, wenn sich die Sachverhaltsermittlung verzögert hat – beispielsweise durch Einschaltung von Außenprüfern (s. Kommentierung zu § 156 BewG) oder bei der Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen – und keine ablaufhemmenden Maßnahmen rechtswirksam ausgebracht wurden, wird die Festsetzungsfrist gegenüber einzelnen Steuerschuldnern mitunter unbemerkt ablaufen. Beachten Sie: Bedarfsbewertungsbedürftiges Vermögen i.S. des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 4 BewG unterliegt zunächst der besonderen Feststellungsverjährung (s. insb. § 153 BewG Rz. 109 ff.). Entsprechende Feststellungsbescheide bewirken nur eine partielle Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist (§ 171 Abs. 10 AO – s. hierzu auch § 156 BewG Rz. 46 ff.).
Rz. 13
In nicht anzeigepflichtigen Erwerbsfällen beendet die Erklärung des aufgeforderten Steuerpflichtigen mit ihrem Eingang die maximal dreijährige Anlaufhemmung (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO) nur, wenn der amtliche Erklärungsvordruck – anders als eine Bedarfsbewertungserklärung (§ 153 Abs. 4 BewG) nicht unbedingt eigenhändig – unterschrieben ist (§ 150 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AO). Fehlt die notwendige Unterschrift, endet die Festsetzungsverjährung daher regelmäßig mit Ablauf des siebten Kalenderjahrs nach der Steuerentstehung (Ausnahme: § 170 Abs. 5 AO); auch mit einer Verzögerung der Abgabe lässt sich dieser Zeitraum nicht verlängern. Beachten Sie: Bei Insolvenz eines Beteiligten hat der Insolvenzverwalter die Steuererklärung zu unterschreiben (s. auch § 32 ErbStG Rz. 2).
Rz. 14
Eine gemeinsame Erbschaftsteuererklärung wirkt nur für diejenigen Beteiligten, die sie unterschrieben haben (§ 31 Abs. 4 Satz 2 ErbStG). Die Steuerschuld der übrigen kann daher, wenn sie nicht ihrerseits zur Abgabe der Erklärung aufgefordert wurden, bereits im fünften Kalenderjahr nach der Steuerentstehung verjährt sein.
Rz. 15
Eine gemeinsame Schenkungsteuererklärung mehrerer Beteiligter sieht das Gesetz nicht ausdrücklich vor; es spricht jedoch nichts gegen eine entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 4 (§ 1 Abs. 2) ErbStG. Falls die Schenkungsteuererklärung nicht oder nur vom Schenker unterschrieben wurde, ist ebenfalls auf § 44 Abs. 2 Satz 3 AO hinzuweisen.
Rz. 16
Ob in anzeigepflichtigen Erwerbsfällen eine nicht unterschriebene Steuererklärung als Anzeige i.S.d. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO behandelt werden kann, ist ungeklärt. Allerdings nimmt der BFH eine Beendigung der Anlaufhemmung an, wenn die zuständige Erbschaft-/Schenkungsteuerstelle mit der Steuererklärung eines anderen Beteiligten über den Erblasser/Schenker, den Erwerber und den Rechtsgrund seines Erwerbs hinreichend informiert wird – vorbehaltlich § 170 Abs. 5 AO.
Rz. 17
Ersatzerbschaftsteuererklärungen: Das Besteuerungsfinanzamt kann sowohl die betroffenen Familienstiftungen/Familienvereine als auch jedes Familienmitglied "im Sinne des § 1 Abs. 1 Nummer 4" und jedes "Mitglied des Vereins" zur Abgabe von Steuererklärungen auffordern. Diese äußerst weitgreifende Ermächtigung ist sicherlich kritisch zu sehen. Es liegt auf der Hand, dass allein die für die Stiftung bzw. den Verein verantwortlichen Organe (§§ 26 Abs. 1 Satz 2, 86 Satz 1 BGB/§ 34 Abs. 1 AO) in der Lage sind, die für die Besteuerung erforderlichen Angaben zu Bestand und Wert des der Besteuerung unterliegenden Stiftungs- oder Vereinsvermögens zu machen. Daher dürfte nur in absoluten Ausnahmefällen die Aufforderung einzelner Familien- bzw. Vereinsmitglieder, die nicht zugleich als organschaftliche Vertreter fungieren, ermessensgerecht sein.
Rz. 18
Bei Nichtabgabe der Steuererklärung kann die Steuerfestsetzung grundsätzlich im Wege der Schätzung erfolgen (§ 162 Abs. 1, 2 AO). Problematisch wird dies allerdings, wenn eine Vielzahl einzelner Zuwendungen zu erfassen ist und die Gefahr der Nichtigkeit der Steuerbescheide wegen inhaltlicher Unbestimmtheit droht, weil das Finanzamt beispielsweise sämtliche Schenkungen innerhalb eines Mehrjahreszeitraums zu lediglich nach Kalenderjahren getrennten Summen addiert. Allein im Hinblick auf § 14 ErbStG ist zwar jeder Zuwendungsvorgang schenkungsteuerlich gesondert – einzeln und taggenau – zu erfassen, auch ist die hierauf festzusetzende Steuer unter Beachtung der Rundungsregelung des § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG betragsmäßig zu konkretisieren. Wird dies jedoch gerade dadurch erschwert, dass die Beteiligten an der Sachverhaltsaufklärung nicht mitwirken, sind die Anforderungen an die notwendige inhaltliche Differenzierung eines Schenkungsteuerbescheids nicht zu überdehnen. Eine Schätzung der "Zuwendungsbeträge und -zeitpunkte" akzeptiert der ...