Rz. 25
Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist die fiktive Ausgleichsforderung allein nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383 und 1390 BGB zu ermitteln. Abweichende Vereinbarungen der Eheleute bzw. Lebenspartner über den Umfang der Zugewinnausgleichsforderung durch notariellen Ehevertrag (§§ 1408, 1410 BGB) bleiben unberücksichtigt. Weder der Abschluss eines Ehevertrages bei Eheschließung noch ein während der Ehe geschlossener Ehevertrag lösen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses steuerliche Folgen aus. Insbesondere ist die "modifizierte Zugewinngemeinschaft", durch die regelmäßig der Zugewinnausgleich für den Fall der Scheidung ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, für die Besteuerung unbeachtlich. Auch haben Vereinbarungen über die Bestimmung des Anfangsvermögens, über die Ausklammerung bestimmter Vermögensteile – insbesondere von Betriebsvermögen – aus dem Zugewinn oder Vereinbarungen über die Zugrundelegung anderer Werte als der Verkehrswerte keine Bedeutung für die Ermittlung des steuerfreien Betrages.
Rz. 26
Ebenso wie im Zivilrecht stellt auch steuerlich die infolge des Kaufpreisschwundes nur nominelle Wertsteigerung des Anfangsvermögens eines Ehegatten bzw. Lebenspartners keinen Zugewinn dar. Das Anfangsvermögen jedes Ehegatten bzw. Lebenspartners wird auf den Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes mit dem durch das Statistische Bundesamt ermittelten Lebenshaltungskostenindex hochindexiert. Das gilt auch für ein negatives Anfangsvermögen. Dem Anfangsvermögen ist auch ein nach Eintritt des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft von Todes wegen erworbener im Zeitpunkt des Todes verjährter Pflichtteilsanspruch hinzuzurechnen und fällt somit letztendlich nicht in die steuerfreie Zugewinnausgleichsforderung, Vermögen, das dem Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB hinzuzurechnen ist, insbesondere Erbschaften und Schenkungen im Hinblick auf ein künftiges Erbrecht, sind auf den Zeitpunkt der Zuwendung ebenfalls hochzuindexieren. Darin ist kein Verstoß gegen das Nettowertprinzip zu sehen.
Rz. 27
Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ErbStG findet die Vermutung des § 1377 Abs. 3 BGB, nach der das Anfangsvermögen eines Ehegatten bzw. Lebenspartners 0 Euro beträgt, wenn die Ehegatten bzw. Lebenspartner kein gemeinsames Verzeichnis über das Vermögen erstellt haben, keine Anwendung. Das Finanzamt ist also nicht nur berechtigt, sondern mit Rücksicht auf den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 88 AO) verpflichtet, das Anfangsvermögen eines jeden Ehegatten bzw. Lebenspartners zutreffend zu ermitteln. Hierbei sind die Steuerpflichtigen nach § 90 AO zur Mitwirkung verpflichtet. Aktenkundig, insbesondere aus Einkommensteuer-, Grundsteuer- und Grunderwerbsteuerakten und evtl. noch vorhandener Vermögensteuerakten sind regelmäßig inländisches Grund- und Betriebsvermögen sowie teilweise auch Kapitalvermögen. Trotzdem wird eine genaue Wertermittlung des Anfangsvermögens in der Praxis schwierig sein.
Rz. 28
Hatten die Eheleute bzw. Lebenspartner zunächst einen anderen als den gesetzlichen Güterstand vereinbart und wechseln sie später durch Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftsvertrag in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wird der Wert des Anfangsvermögens nach § 1374 Abs. 1 BGB grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ermittelt. Durch Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftsvertrag können die Eheleute bzw. Lebenspartner eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung treffen, insbesondere bestimmen, dass für die Ermittlung des Anfangsvermögens frühere Werte maßgeblich sein sollen. § 5 Abs. 1 Satz 4 ErbStG versagt derartigen Vereinbarungen die steuerliche Anerkennung. Für steuerliche Zwecke ist das Anfangsvermögen stets auf den Tag des Vertragsabschlusses zu ermitteln. Die Vorschrift ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, aber überflüssig, weil von den zivilrechtlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen bereits nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ErbStG steuerlich nicht anerkannt werden.
Rz. 29– 30
Einstweilen frei.