1. Inhaltliche Differenzierung der Wertzahlen
Rz. 51
Die in § 2 Abs. 1 der WertVO enthaltene Übersicht über die Wertzahlen sieht zunächst eine Differenzierung nach Grundstücksarten vor. Innerhalb der Gruppe Geschäftsgrundstücke wird weiter zwischen den einzelnen aufgeführten Grundstücksgruppen unterschieden. Soweit Warenhäuser, Geld- und Kreditinstitute, übrige Geschäftsgrundstücke (§ 2 Abs. 1 Buchst. A Nr. 3, 8 und 10 WertVO) und Mietwohngrundstücke, gemischtgenutzte Grundstücke, Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und sonstige bebaute Grundstücke (§ 2 Buchst. B, C und D der WertVO) nach dem Sachwertverfahren zu bewerten sind, sind die jeweils anzuwendenden Wertzahlen nach Altbauten, Neubauten und Nachkriegsbauten abgestuft.
Rz. 52
Gem. § 2 Abs. 4 WertVO sind
- Altbauten Gebäude, die bis zum 31.3.1924 bezugsfertig geworden sind,
- Neubauten Gebäude, die in der Zeit vom 1.4.1924 bis 20.6.1948 bezugsfertig geworden sind,
- Nachkriegsbauten Gebäude, die nach dem 20.6.1948 bezugsfertig geworden sind.
Diese Abgrenzung der Begriffe "Altbauten", "Neubauten" und "Nachkriegsbauten" stimmt mit der Abgrenzung bei den Vervielfältigern nach dem Ertragswertverfahren (Anlage 3–8 BewG 1965) überein (vgl. auch § 80 BewG Rz. 21 ff.). Im Hinblick auf den Zeitablauf ist die Bewertung der Gebäude unter Berücksichtigung von Wertzahlen entsprechend den Kategorien "Altbauten", "Neubauten" und "Nachkriegsbauten" einer kritischen Beurteilung zu unterziehen. Vor diesem Hintergrund sollten diese Wertzahlen im Hinblick auf den zunehmenden Wertverfall wegen Alters ständig aktualisiert werden bzw. die Zeitzonen der zugrunde liegenden Fallgruppen angepasst werden.
Rz. 53
Von Bezugsfertigkeit des Gebäudes kann ausgegangen werden, wenn eine Benutzung durch die zukünftigen Nutzer des Grundstücks möglich ist und zugemutet werden kann. Eine Entscheidung darüber ist anhand der objektiven Umstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung vorzunehmen. Dabei ist auf die Bezugsfertigkeit des gesamten Grundstücks abzustellen. Wegen weiterer Einzelheiten zum Begriff der "Bezugsfertigkeit" vgl. § 72 BewG Rz. 13 ff.
Rz. 54– 60
Einstweilen frei.
2. Fabriken und Werkstätten des Handwerks (Nr. 1)
Rz. 61
§ 90 BewG bzw. die Verordnung enthält in Zusammenhang mit den Tatbestandsmerkmalen Fabriken und Werkstätten des Handwerks keine Begriffsdefinition. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Anwendungsbereich für Fabriken und Werkstätten weit zu ziehen ist. Unter den Begriff der Fabrik lassen sich nach allgemeinem Sprachgebrauch alle Formen von Produktionsstätten im industriellen Maßstab fassen, die eine größere Anzahl unterschiedlicher Arbeitsvorgänge vereinigt und wesentlich mit Hilfe von Maschinen, Personal und einer Betriebsführung Erzeugnisse herstellen. In Abgrenzung dazu ist bei Werkstätten die maschinelle Ausrüstung meist nur geringfügig und vor allem durch Handarbeit mit unterschiedlichen Formen der Ausprägung von Arbeitsteilungen gekennzeichnet. Inhaltlich deckungsgleich mit dem Begriff Werkstatt ist eine Manufaktur.
Rz. 62
Die Wertzahlen sind bei Grundstücken von Fabriken und Werkstätten des Handwerks für alle Industriezweige gleich hoch. Es erfolgt lediglich eine Abstufung nach der Höhe des Ausgangswerts und bei einem Ausgangswert bis zu 1 Mio. DM nach Altbauten, Neubauten und Nachkriegsbauten. Bei einem Ausgangswert
- bis zu 500.000 DM beträgt die Wertzahl für Altbauten 70, für Neubauten 75 und für Nachkriegsbauten 80;
- über 500.000 DM bis zu 1 Mio. DM sind die entsprechenden Wertzahlen für Altbauten 70, für Neubauten 75 und für Nachkriegsbauten 75;
- von über 1 Mio. DM besteht für alle Fabriken und Werkstätten des Handwerks eine einheitliche Wertzahl von 70.
Rz. 63
Die Abstufung der Wertzahlen kann dazu führen, dass sich bei Ausgangswerten bis zu 500.000 DM höhere Einheitswerte ergeben als bei Ausgangswerten über 500.000 DM bis zu 1 Mio. DM. Ebenso können sich bei Ausgangswerten von 500.000 DM bis 1 Mio. DM höhere Einheitswerte als bei Ausgangswerten über 1 Mio. DM ergeben. Das Ergebnis, dass bei niedrigeren Ausgangswerten höhere Einheitswerte entstehen als bei vergleichsweise höheren Ausgangswerten, tritt bei Ausgangswerten ein, die nahe an den Grenzen der in der WertVO für die Abstufung der Wertzahlen festgelegten Ausgangswerte liegen.
Rz. 64
Beispiele
Beispiel 1: Der Ausgangswert (d.h. Wert im Hauptfestellungszeitpunkt 1.1.1964) für ein Fabrikgrundstück, dessen Gebäude nach dem 20.6.1948 bezugsfertig geworden sind – Nachkriegsbauten –, beträgt 500.000 DM.
Die anzuwendende Wertzahl beträgt gem. § 2 Buchst. A. Nr. 1 WertVO demnach 80 (Ausgangswert bis zu 500.000 DM; Nachkriegsbau). Es ergibt sich somit ein Einheitswert von .
Beispiel 2: Der Ausgangswert ist in Abweichung zu Beispiel 1 jedoch 500.001 DM.
Es ist gem. § 2 Buchst. A. Nr. 1 WertVO die Wertzahl 75 anzuwenden ...