Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
Rz. 55
Das Kriterium der Rohertragsminderung des § 34 Abs. 1 GrStG wird in Abs. 2 durch die Minderung der Ausnutzung des Grundstücks ersetzt. Zur Prüfung kann auf verschiedene Merkmale abgestellt werden. In Betracht kommen die zeitliche, räumliche oder wirtschaftliche Ausnutzung im Erlasszeitraum gegenüber einem Vergleichszeitraum der Vergangenheit. Die Auswahl der Kriterien muss sich an den ökonomischen Gegebenheiten im jeweiligen Einzelfall ausrichten. Daher hat ein konkreter betriebsbezogener Vergleich Vorrang vor einem abstrakten branchenbezogenen Vergleich. In Betracht kommen neben dem Umsatz als einfachst heranzuziehende und zu vergleichende Größen:
- für Fabrikations-, Handwerks- und Handelsbetriebe das Arbeitsstundenvolumen, der Produktionsmitteleinsatz, der Produktionsausstoß, die Produktionsstunden, die Maschinenstunden, der Umsatz oder verwandte Merkmale,
- bei Hotels, Sanatorien, Kurheimen oder anderen Beherbergungsunternehmen die Betten- oder Zimmerbelegung,
- bei Kinos, Theatern, Konzertsälen und anderen Spielstätten die Zahl der belegten Sitzplätze.
Rz. 56
Kombinationen verschiedener Merkmale sind für die Überprüfung heranzuziehen, wenn das eigengewerbliche Grundstück unterschiedlich genutzt wird. Eine Minderung der Erträge bei unveränderter Ausnutzung des Grundstücks ist ohne Bedeutung. Wird der Umsatz herangezogen, so sollte auf die Umsatzerlöse ohne Umsatzsteuer abgestellt werden.
Rz. 57
Einer normalen Auslastung, die sich üblicherweise aus den drei vorangegangenen Kalenderjahren ohne Sondereinflüsse ergibt, ist die tatsächliche Auslastung für den Erlasszeitraum gegenüber zu stellen. Beim Vergleichszeitraum sind Spitzen wie Sonderschichten, kurzfristige Belegschaftsanpassungen, Produktionsumstellungen zu eliminieren. Auf eine optimale Nutzung des Grundstücks wird nicht abgestellt. Bei Abstellen auf einen Flächenmaßstab sollte man sich an der normalerweise genutzten Fläche orientieren. Werden dem Vergleich Umsatzgrößen zugrunde gelegt, so sind grds. Preisniveauveränderungen zu berücksichtigen. Die Minderung der Ausnutzung muss mehr als 50 % betragen. Das zeigt, wie hoch bereits die Hürden für einen Teilerlass in der ersten Stufe sind. Dann kommt ein Teilerlass der Grundsteuer i.H.v. 25 % in Betracht. Liegt die Minderung der Auslastung bei 100 %, so wird die Grundsteuer bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nur zu 50 % erlassen.
Die für den Steuererlass zuständige Gemeinde entscheidet selbst, nach welchem geeigneten Maßstab die Minderung der Ausnutzung zu bestimmen ist.
Rz. 58
Minderung der Ausnutzung bei Preisniveauveränderungen 16
Ein Hersteller nutzt ein Betriebsgrundstück zu Produktionszwecken und erzielt in den Jahren 2025-2028 folgende Umsätze. Der Index der Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte weist folgende Entwicklung auf.
|
Tatsächlicher Umsatz in Mio. EUR |
Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte |
Bereinigter Umsatz |
2025 |
14 |
100 |
14,0 |
2026 |
14 |
108 |
13,0 |
2027 |
13 |
114 |
11,4 |
2028 |
10 |
122 |
8,2 |
Durchschnittlicher bereinigter Jahresumsatz in Mio. EUR (14 + 13 + 11,4) / 3 |
12,8 |
Bereinigter Umsatz 2028 in Mio. EUR |
8,2 |
Minderung der Ausnutzung |
4,6 (36 %) |
Da die Minderung der Ausnutzung in 2028 bereinigt um Preisveränderungen nur 36 % und damit weniger als 50 % beträgt, liegen die Voraussetzungen für einen Teilerlass der Grundsteuer nach § 34 Abs. 2 GrStG nicht vor.